Wer sind wir?: Gruppenidentitäten und nationale Einheit im kolonialen und postkolonialen Tunesien
Nur durch eine Meerenge vom europaischen Kontinent getrennt, liegt Tunesien seit altersher an einer Schnittstelle verschiedenster Kulturen. Mit dem Niedergang des Kolonialismus pragte dies denn auch die Genese der tunesischen Nation. Diese Arbeit befasst sich mit der Suche der dortigen Muslime, Juden und Franzosen nach einer eigenen Gruppenidentitat, den Konflikten um die nationale Zugehorigkeit und der Abgrenzung vom Andern. Im Mittelpunkt steht dabei die franzosische Einburgerungspolitik der Zwischenkriegszeit, die es gebildeten tunesischen Muslimen und Juden ermoglichte, die franzosische Staatsburgerschaft anzunehmen und vor allem unter Muslimen zu heftigen Auseinandersetzungen um die eigene Identitat fuhrte. In einem zweiten Teil wird dann der Frage nachgegangen, wie sich diese verschiedenen Gruppenidentitaten im Prozess der Dekolonisierung veranderten, wer sich schliesslich als Tunesier verstand und wer als Auslander nach Frankreich, Italien oder Israel auswanderte. Ins Zentrum stellt die Arbeit dabei das Spannungsfeld, ob die Genese der tunesischen Nation religios uber den Islam oder aber sakular uber die arabische Sprache bestimmt wurde.