Rudolph Bauer: Frieden als Bewusstseinsbildung und konsequenter Antimilitarismus

von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V.
In diesem Beitrag finden Sie unser Interview mit Prof. Dr. Rudolph Bauer, dem ich herzlichst für seine Zeit danken möchte. Wir haben ihn über die Initiative Antikriegskonferenz befragt. In einer Zeit voller Krieg und Gewalt glauben wir immer noch an einen Frieden, der durch Bewusstseinsbildung erzielt werden kann. Wir müssen die Propaganda der Militärmaschinerie stoppen, und das können wir nur als Menschen. Denn wo Menschen anfangen, hören Soldaten auf. Informationen über Prof. Dr. Bauer finden Sie hier: http://www.rudolph-bauer.de.

Die Antikriegskonferenz 2015 hat am 5. September in Bremen stattgefunden. Darüber können Sie sich hier informieren: http://antikriegskonferenz.de/?page_id=347
 
 
Milena Rampoldi: Welches ist das Hauptziel der Initiative Antikriegs-konferenz? 
Rudolph Bauer: Ziel der Initiative Antikriegskonferenz ist es, der Bevölkerungsmehrheit in der Bundesrepublik, die skeptisch bis ablehnend eingestellt ist gegenüber den kriegerischen Einsätzen der Bundeswehr, ein Gesicht und eine Stimme zu verleihen. Es ist wichtig, diesen Menschen zusätzliche Argumente an die Hand zu geben gegen das verantwortungslose Kriegstreiben in Politik, Wirtschaft und Medien. Wir sind gegen jede Art von Militarisierung und Überwachung, Waffengewalt und Vertreibung, Rüstung und Militäreinsätze im In- und Ausland. Wir sind auch dagegen, dass unsere Mitmenschen als Soldatinnen und Soldaten in Angriffskriegen verheizt oder traumatisiert werden.

MR: ProMosaik e.V. glaubt an die Macht der Erziehung zum Frieden, um den Militarismus in Deutschland von unten zu bekämpfen. Was denken Sie hierzu?
RB: In den Schulen und Hochschulen gibt es immer mehr Anzeichen und Folgen der Militarisierung. An den Schulen findet die ideologische Aufrüstung statt. Die Sozialkundebücher sind voll von Schwarz-Weiß-Darstellungen: “Wir” sind die Guten, der Rest der Welt ist rückständig, gewalttätig, unzivilisiert. In der Forschung an den Universitäten werden Aufträge des Militärs und der Rüstungsindustrie bearbeitet. Militär und Rüstungsindustrie kooperieren mit der Herstellern von Kriegsvideospielen, und diese entwickeln Kampfsimulatoren. Längst hat die Militarisierung den gesamten Erziehungsbereich erfasst. Auch in den Print- und elektronischen Massenmedien herrschen Angst und Kriegsstimmung. Um dem Militarismus in der Bundesrepublik von unten Widerstand entgegensetzen zu können, müssen erst einmal die gegenwärtigen Machtverhältnisse im Erziehungs- und Bildungswesen und in den Medien kritisch und praktisch in Frage gestellt werden.
 
 
 MR: Durch welche Strategien lässt sich die Idee des Friedens in unseren Gesellschaften am besten verbreiten?
RB: Ich denke sowohl an parlamentarische als auch an außerparlamentarische Strategien, die sich in einem gewissen Umfang wechselseitig ergänzen müssen. Doch Strategien allein reichen nicht aus, wenn sie nicht vitalen Interessen der Menschen entsprechen und kraftvoll unterstützt werden aus der Bevölkerung heraus, von den Gewerkschaften und Kirchen, von Vereinen und Zivilorganisationen, nicht zuletzt von der arbeitenden und studierenden Jugend.
 
MR: Wie wurden Sie persönlich zum Kriegsgegner? Welche sind die Thesen, die Menschen überzeugen, sich gegen den Krieg und den Militarismus zu engagieren?
RB: Ich habe als Kind den Zweiten Weltkrieg, sein Ende und die Nachkriegszeit erlebt. Seither habe ich all die fürchterlichen Kriege bewusst wahrgenommen: den Korea-Krieg, den Vietnam-Krieg, den Algerien-Krieg usw., den Afghanistan-Krieg, die Irak-Kriege, die Kriege in Afrika, im Nahen Osten, im ehemaligen Jugoslawien, Bürgerkriege und “asymetrische Kriege” – Gemetzel, Gemetzel, Gemetzel. Es bedarf keiner Thesen, um den Großteil der Menschen gegen Krieg und Militarismus einzunehmen. Zentrales Problem ist vielmehr das manifeste Gefühl der Ohnmacht angesichts der übermächtigen Militärmaschinerie und der militaristischen Gehirnwäsche durch Propaganda und Lügen.
 
MR: Mit welchen Argumenten kann man am besten gegen die sogenannten Kriege für die Menschenrechte im Ausland argumentieren?
RB: Jeder Krieg verletzt Menschenrechte. Es gibt daher keine Kriege für Menschenrechte. Allerdings wird vor allem in neuerer Zeit der Einsatz für die Menschenrechte propagandistisch vorgetäuscht, um sie sodann kriegerisch zu verletzen und außer Kraft zu setzen. Jeder Gesellschaft als einer politischen Einheit ist es aufgegeben, in ihrem Inneren darum zu ringen, dass die Menschenrechte anerkannt und gewahrt werden. Das ist ein permanenter Prozess, der einen Anfangs hat, aber kein Ende. In diesen Prozess von Außen militärisch einzugreifen oder durch Waffenlieferung, ist verbrecherisch. Nicht Kriege – auch wenn sie als humanitäre Intervention getarnt sind -, sondern Völkerverständigung und Diplomatie, Bildung und sozial gerechte Entwicklungsprozesse sind die Fundamente für die Anerkennung und Wahrung der Menschenrechte.
 
MR: Wie kann man gegen die Waffenlobbys arbeiten und ein Umdenken in Deutschland erwirken, damit Deutschland aufhört, Waffen in Krisenregionen zu exportieren?
RB: Die einfachste Antwort lautet: Wählt nur solche Abgeordnete und Parteien in den Bundestag, die sich – ob als Opposition oder in der Regierung – verbindlich für ein Exportverbot einsetzen sowie ein Konversionsprogramm beschließen und die ferner den Lobbyismus für Waffen und Rüstungsgüter gesetzlich verbieten wollen. Etwas schwieriger ist es, der kriegerischen Gewaltspirale von Politik und Militär sowie dem ökonomischen Profitzwang von Industrie und Banken jene humanistische Friedens- und Gerechtigkeitslogik entgegenzusetzen, die das Wohlergehen aller Menschen ebenso wie der Natur und ihrer Kreaturen zum Ziel hat. Darauf müssen wir hinarbeiten.

 

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