ProMosaik interviewt Herrn Krämer von der Peter Krämer Stiftung
Liebe Leserinnen und Leser,
es ist für uns heute eine sehr große Ehre, Ihnen das Interview unserer Redaktion mit Herrn Krämer der Peter Krämer Stiftung in Hamburg vorzustellen. Wie Sie bereits wissen, verehren wir Nelson Mandela. Und gerade dies hat uns angespornt, Kontakt mit der Stiftung von Herrn Krämer aufzunehmen, um ihn über seine Entwicklungshilfeprojekte zu befragen. Denn er hat Nelson Mandela persönlich getroffen.
Das Projekt der Stiftung Krämer „Schulen in Afrika“ ist großartig, da es gerade dort ansetzt, wo die Entwicklung eines Landes beginnt, und zwar bei der Erziehung und Bildung der neuen Generation der Kinder. Die Kinder sind unsere Zukunft und auch die Zukunft des großen und vielfältigen Kontinenten Afrika.
Bildung ist die Grundlage von Freiheit und Demokratie. Unwissen ist der Nährboden aller Diktaturen. Ohne Bildung wird auch jeglicher Kampf für die Menschenrechte unmöglich.
Die Bildung der Kinder ist auch nur durch eine solide und gut fundierte LehrerInnenbildung möglich. Dafür setzt sich die Krämer Stiftung auch ein.
Ein weiterer Aspekt, der im Interview klar zur Sprache kommt, ist die wesentliche Bedeutung der Sensibilisierung hier zu Lande, um Toleranz und interkulturelles Verständnis zu fördern.
Ich möchte Herrn Krämer gleich das Wort geben und danke ihm und seinem Pressesprecher, Herrn Braune, nochmal herzlichst für die Zeit, die sie unserer Redaktion gewidmet haben.
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare und Zuschriften zu diesem Interview.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Stiftung:
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi
Redaktion von ProMosaik e.V.
ProMosaik e.V.:
Anlässlich des Treffens mit Herrn Krämer 2004 hatte Nelson Mandela Folgendes gesagt: “Education is the doorway to freedom, democracy and development.” ProMosaik e.V. ist der Meinung, dass diese Aussage den Ausgangspunkt für eine effektive Entwicklungshilfe im Bildungsbereich darstellen kann. Wie würden Sie diese Aussage unseren Leserinnen und Lesern erörtern?
Herr Peter Krämer:
Nelson Mandela hat in der Tat Ihr vorgelegtes Zitat gebraucht, aus dem sich eine Schlüsselstellung von Bildung ergibt, die überall auf der Welt und insbesondere auf dem noch zu entwickelnden afrikanischen Kontinent eine vitale Bedeutung hat. Wenn Madiba sagt, „Education is the doorway to freedom, democracy and development“, spricht er die schlichte aber dennoch zentrale Bedeutung von Bildung für das menschliche Zusammenleben an. Nur wer ein Mindestmaß an Bildung in seinem Leben genossen hat, wird in der Lage sein, den Wert von Freiheit und Demokratie zu erkennen. Konkret formuliert, wer nicht lesen und schreiben kann, wird kaum an einem Informations- und Dialogprozess kritisch teilnehmen können. Demokratische Wahlen können dann weder auf Dorf- noch auf Regional- geschweige denn auf Landesebene irgendeinen Sinn machen.
Wenn Mandela von „development“ spricht, berührt er genau einen Aspekt, der auch eine zentrale Bedeutung für den deutschen Wirtschaftserfolg hat. Wenn ein Land wie das unsrige oder auch China es gänzlich ohne nennenswerte Rohstoffe zu derartigen wirtschaftlichen Erfolgen und damit zum Wohlstand für seine Bürger bringt, so sind Bildung und berufliche Fertigkeiten (im Englischen: skills) hierfür in der Tat ursächlich.
Ich bin wie Nelson Mandela überzeugt: Bildung ist die zentrale Voraussetzung für Wachstum, das entscheidende Mittel für den Kampf gegen Krankheiten, die Grundvoraussetzung für jede demokratische Entwicklung und im Übrigen – ein Menschenrecht.
ProMosaik e.V.:
Welche Hauptziele verfolgen Sie mit Ihrem Projekt „Schulen für Afrika“?
Herr Peter Krämer:
Aufgrund des Obengenannten sind die Hauptziele des Projekts „Schulen für Afrika“, an dem sich UNICEF International und die Nelson Mandela Foundation beteiligen, eigentlich klar. Wir generieren seit zehn Jahren weltweit private Spenden, die es den Jugendlichen im südlichen Afrika ermöglichen sollen, wenigstens eine kostenfreie Primärschule zu besuchen, die „Schulen für Afrika“ finanziert. Hier waren wir bislang sehr erfolgreich. Wir haben in 26 Ländern nahezu 200 Millionen USD gesammelt und mit diesem Geld in 13 Ländern den Bau von über 1.500 Schulen finanziert, die von UNICEF vor Ort errichtet worden sind. Mehr als eine Million Kinder konnten durch unsere Initiative zur Schule gebracht werden. Die Schulsituation von über 28 Millionen Kindern (!) wurde dadurch deutlich verbessert.
Mindestens ebenso wichtig wie das reine Fundraising ist die politische Arbeit von „Schulen für Afrika“. Wir verstehen uns als einer der wesentlichen Meinungsführer für die Realisierung des zweiten Millenniumsentwicklungsziels, das besagt, dass jedes Kind auf der Welt zur Schule gehen kann.
ProMosaik e.V.:
Wie wichtig ist die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Afrika und warum?
Herr Peter Krämer:
Die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Afrika ist von essentieller Bedeutung. Unsere Initiative hat mehr als 100.000 Lehrerinnen und Lehrer aus- und weitergebildet. Leere Schulen oder schlecht ausgebildete Lehrer helfen den afrikanischen Kindern herzlich wenig. Hier kommt uns bzw. den afrikanischen Ländern entscheidend zugute, dass die Kinder über eine unglaubliche Lernmotivation verfügen und insoweit sehr aktiv dabei mithelfen, die Ausbildung der Lehrer zu komplettieren.
ProMosaik e.V.:
ProMosaik e.V. teilt die Aussage von Herrn Krämer, nach der Bildung den Frieden sichert. Wie würden Sie dieses Grundprinzip unseren Leserinnen und Lesern erklären?
Herr Peter Krämer:
Ich habe nicht gesagt, dass Bildung den Frieden sichert, sondern dass er ihn deutlich sicherer macht. Zu Bildung gehört im humanistischen Sinne der friedfertige Umgang mit seinen Mitschülern bzw. Mitbürgern im Kleinen wie im Großen. Erziehung zum Frieden ist unverzichtbarer Bestandteil jeder sinnvollen Unterrichtsform.
ProMosaik e.V.:
Wie wichtig ist die Sensibilisierungsarbeit in Deutschland und warum?
Herr Peter Krämer:
Die Sensibilisierungsarbeit in Deutschland ist aus zwei Gründen von eminenter Bedeutung:
a) National: Der zunehmende Leistungsdruck in der Schule wie im Beruf verleitet schnell dazu, das eigene Verhalten als ein Gegeneinander zum vermeintlichen Konkurrenten, sprich zum Mitschüler oder zum Berufskollegen, zu begreifen. Eine Wir-Gesellschaft ist gefragt, keine Ich-Gesellschaft.
b) International: Die moralischen, religiösen und ethischen Postulate aus der Epoche der Aufklärung betonen bereits, dass alle Menschen, gleich welcher Rasse, Hautfarbe, Religion und Herkunft, von gleichem Wert sind. Die aktuelle Globalisierung fordert auch real jetzt hier und heute, dass wir uns als Teil eines Ganzen begreifen und uns dem Schiller‘schen Satz aus dem Jahre 1808 entsprechend verhalten: „Alle Menschen werden Brüder.“ Dieser Satz ist heute aktueller denn je.
ProMosaik e.V.:
Wie können Entwicklungshilfeorganisation dazu beitragen, hier zu Lande eine Kultur der Toleranz und des interkulturellen und interreligiösen Verständnisses aufzubauen?
Herr Peter Krämer:
Regierungen, internationale Regierungsorganisationen wie national und international tätige NGOs können durch ihr Engagement die unter 5. genannten ethischen Ziele in Form von Meinungsäußerungen, Programmen und Kampagnen transportieren.
Hier noch einige Informationen zur Kampagne „Schulen für Afrika“:
Im Dezember 2004 traf sich Peter Krämer mit Nelson Mandela und stiftete für die in diesem Gespräch verabredete Bildungskampagne „Schulen für Afrika“ 1 Million USD, die dann in einer Partnerschaft zwischen der Nelson Mandela Foundation, UNICEF International und der Peter Krämer Stiftung für die Schulprojekte als Start eingesetzt wurde. Im Mai 2005 startete Peter Krämer in Gegenwart von Eva Luise Köhler, der Frau des damaligen Bundespräsidenten, ein sogenanntes Matching Offer und verdoppelte in jenem Jahr alle eingehenden Spenden bis zu einer Summe von 3 Millionen Euro. Allein dadurch wurden über 7 Millionen Euro für das Projekt gespendet. In den Folgejahren wurden von 26 nationalen Komitees von UNICEF nahezu 200 Millionen USD weltweit eingesammelt. Mit diesen Mitteln entwickelte sich „Schulen für Afrika“ zur weltweit erfolgreichsten Privatinitiative auf dem Bildungssektor. Für sein humanitäres Engagement erhielt Peter Krämer u. a. das Bundesverdienstkreuz am Bande, den „Pro Humanitate“-Preis der Europäischen Kulturstiftung „Pro Europa“, den LEO Award „Mensch des Jahres“ der DVZ und den HOPE Award der HOPE-Kapstadt-Stiftung.
Rechte der Fotos: Peter Krämer Stiftung und UNICEF