ProMosaik im Gespräch mit Sergio Tripi über den positiven und ethischen Journalismus

Von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Ein sehr interessantes Interview mit Sergio Tripi, dem Chefredakteur von Good News Agency und Vorsitzenden des Vereins, der das Online-Nachrichtenblatt Good News herausgibt. Ich habe mich entschieden, Sergio Tripi über die Zielsetzungen von Good News Agency zu interviewen, weil ich mich immer darüber freue, eine Auswahl positiver Nachrichten zu lesen. Denn in diesen schwierigen Zeiten befassen wir uns sehr viel mit Terrorismus, Krieg, Menschenrechtsverletzungen. Aber auf der anderen Seite der Medaille finden sich auch Berichte über Frieden, Zusammenleben und Toleranz. Und auch diese müssen in die Nachrichten. Um mehr über die Initiative zu erfahren, können Sie die Webseite von Good News Agency unter http://www.goodnewsagency.org/ besuchen.
 
Milena Rampoldi: Welche sind die Hauptzielsetzungen von Good News Agency?
Sergio Tripi: Ein Axiom aus der Antike lehrt uns, dass die „Energie dem Denken folgt“; und in einer Welt, die nachweislich aus Energie besteht, fungiert das Denken als „Antriebskraft“ der Wirklichkeit. Es ist die stillste und gleichzeitig auch die einzige Revolution, die in die Lage versetzt, dauerhaften Einfluss auf unsere Lebensrealität zu nehmen. Denn wie ein anderes Axiom der Antike uns lehrt: „Wie ein Mensch in seinem Herzen denkt, so ist er.“
In diesem Bezugsrahmen gestalten sich die wichtigsten Zielsetzungen von Good News Agency wie folgt:
a) Wir möchten zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen, die auf der vollständigen Kenntnis der Realität beruht. Demnach besteht sie nicht nur aus den täglichen Nachrichten der Massenmedien, die fast immer negativ und dramatisch sind, sondern auch aus Nachrichten mit positiven und konstruktiven Aspekten der Tätigkeiten der Menschheit, die so auf die Probleme der heutigen Zeit reagiert. Wie wir im Kopfbereich unserer Nachrichtgenausgabe sagen: es geht uns um positive und konstruktive Nachrichten aus der Welt der Freiwilligenarbeit, der Vereinten Nationen, der NRO und der Institutionen, die sich um die Verbesserung der Lebensqualität bemühen.
Denn nur eine umfassende Kenntnis der Realität, in der wir leben – und an deren Gestaltung wir teilhaben – ermöglicht den Ausdruck einer harmonischen öffentlichen Meinung, die auch unser Hauptziel ist.
b) Wir möchten einen nachhaltigen Anreiz für die Massenmedien darstellen, damit diese in ihre Kommunikationsprogramme auch positive Informationen einschließen. Sie sollen den gesellschaftlichen Wert dieser Informationen anerkennen, die sich die Zivilgesellschaft wünscht. Somit kann auch die Pflicht jeden Redakteurs erfüllt werden, die darin besteht, die Realität in ihrer Gesamtheit zu präsentieren.
c) Wir möchten die Jugendlichen in den Schulen dazu anspornen, die Entwicklungszielsetzungen der Vereinten Nationen kennenzulernen. Man verpflichtet sie dazu, die Themen in der Klasse zu vertiefen und zu besprechen und Arbeiten einzeln oder in der Gruppe zu erstellen, in denen die Schüler das Verständnis des gewählten Themas und die erforderlichen Veränderungen der Zivilgesellschaft aufzeigen, um sich den Herausforderungen, die mit diesem Thema zusammenhängen, zu stellen.
 
MR: Erzähle uns von der Geschichte dieser Presseagentur.
ST: Im Juni 2000 haben mich die oben beschriebenen Zielsetzungen dazu angespornt, Good News Agency zu gründen. Es war einfach notwendig, der Öffentlichkeit die Welt der positiven Nachrichten zu präsentieren. Wie alle Tätigkeiten unseres Vereins, den ich 1979 mit meiner Frau und einigen Freunden gegründet hatte, wird diese journalistische Arbeit ausschließlich von Freiwilligen ausgeübt. Von Anfang an haben wir zwei Versionen der Nachrichten herausgegeben: eine italienische und eine englische. Denn die Nachrichten, die wir suchten, waren vor allem in englischer Sprache auf den Webseiten der verschiedenen NRO und nationaler und internationaler Institutionen verfügbar. Neben dem Redaktionsteam kompetenter und motivierter „Nachrichtensucher“, kamen in den Jahren auch verschiedene Übersetzer dazu, die auch alle als Freiwillige professionelle Arbeit geleistet haben. Im Juni 2011 haben wir die portugiesische Version lanciert. Auch hier übernimmt eine Gruppe von Freiwilligen, ein Übersetzungszentrum in San Paolo, die Übersetzungsarbeiten. Die Tatsache, dass eine bewusstere öffentliche Meinung erforderlich ist, hat uns immer mehr dazu angespornt, diese Arbeit zwecks Erlangung eines Gleichgewichts bei der Vorstellung der Realität weiterzuführen. Man muss aber schnell handeln, um der öffentlichen Meinung ein Bild unserer Welt zu vermitteln, das mehr Gleichgewicht aufweist und auch anspornender ist. Denn wir befinden uns nahe am kritischen Punkt, dem sogenannten Wendepunkt, um unsere Lebensweise zu verändern. Und dies ist absolut erforderlich, um die großen Probleme zu lösen, die wir durch unsere Verhaltensweisen hervorgerufen haben. Da braucht man nur an die Umweltverschmutzung, an die Verantwortung eines nachhaltigen Verbrauchs, an das Problem des Wassers, usw. zu denken.
 
MR: Warum ist es wesentlich, positive Nachrichten zu veröffentlichen?
ST: Die öffentliche Meinung ist in der Lage, menschliche Verhaltensweisen zu verändern. In einer Demokratie kann man durch die Wahl die durch die Menschen gewollte Realität ändern. Es gibt aber noch einen anderen positiven Aspekt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen: Dieser bezieht sich auf den Beitrag der konstruktiven Information zum Aufbau eines Think Tanks für eine öffentliche Meinung, die die besten Werte zum Ausdruck bringt, auf deren Grundlage die Menschheit wachsen und sich entwickeln kann.
Diese Online-Nachrichten werden kostenlos in 54 Länder und an 10.000 Redaktionen und TV-Journalisten in Radio und Fernsehen und an 3.000 NRO und Freiwilligenvereine und an 1.500 Oberschulen, Colleges und Universitäten übermittelt. Die Verbreitung der Nachrichten von Good News Agency hat auch zugenommen, weil viele NRO sie auch an ihre Mitglieder weiterleiten oder sie auf ihre Webseite stellen oder einen Link auf unsere Webseite veröffentlichen. Heute gehen wir schätzungsweise davon aus, dass wir 300.000 Menschen erreichen. Und die Zahl unserer Leserinnen und Leser wächst gerade wegen dieser spontanen Weiterleitung und auch dank unserer schrittweisen Ausweitung unserer Verteilerlisten. In diesen 16 Jahren haben wir beobachtet, wie der Bereich der positiven Nachrichten gedeiht. Im Jahre 2000 gab es noch wenige positive Medien, aber es sind andere wesentliche Initiativen dazugekommen, die auch von wichtigen Medien wie BBC und Washington Post ausgehen.
Der Think Tank, der sich hier gestaltet, ist nicht mehr ein Haufen zaghafter Medien, sondern wird immer wichtiger. Er inspiriert immer mehr die Verhaltensweisen in Übereinstimmung mit den Werten der Einheit in der Vielfalt und des Teilens (vor allem hinsichtlich der Verantwortung). Diese Werte haben unseren Verein seit seiner Gründung inspiriert.
 
MR: Welche Bedeutung sollten die Menschenrechte in den Medien haben?
ST: Zwei der bedeutendsten Ideale, auf die die zukünftige Zivilisation bauen muss und die auch den Ausdruck der grundlegenden Menschenrechte gestalten werden, sind Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit ist als Bewusstseinszustand der Völker gemeint, die stolz darauf sind, als Individuen und als Nationen, ihren Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität der menschlichen Gemeinschaft in aller Welt zu leisten. Unter Sicherheit versteht man wiederum das Bewusstsein, das eigene Potential in einem würdevollen und lebenswerten Leben zum Ausdruck bringen zu dürfen. Dies stellt Institutionen und Zivilgesellschaften vor wesentliche Entscheidungen, beispielsweise der Entscheidung, auf einen Migrationsfluss von Völkern aus dem Nahen Osten nach Europa zu antworten, die geflohen sind, um ihr Leben zu retten.
Leider spitzte sich die Flüchtlingskrise vor kurzem zu, da die westlichen Regierungen, inmitten einschränkender wirtschaftspolitischer Ausrichtungen nicht gewillt sind, die erforderlichen Ressourcen aufzubringen, um die Migration von Millionen von Menschen zu bewältigen. Die Bedeutung der Medien ist von ausschlaggebender Bedeutung, um die öffentliche Meinung der entwickelten Länder darauf vorzubereiten, einen Akzent der Gemeinsamkeit und des Teilens zu setzen. Wenn dieser Akzent von Menschen gesetzt wird, die die menschliche Verantwortung für die Solidarität übernehmen, so wird dieser Akzent für die Regierungen das beste Signal sein, dass die richtige Antwort die des Teilens und der Gemeinsamkeit und des Altruismus ist und nicht die der egoistischen Neigungen. Die Stimme von Papst Franziskus erweckt durch ihre Appelle an die Brüderlichkeit und Barmherzigkeit das Bewusstsein der Völker, damit sie diese hohe Verantwortung auch übernehmen.
 
MR: Welche sind deiner Meinung nach die grundlegenden Prinzipien des Journalismus?
ST: Die Antwort auf diese Frage liegt dem ethischen Medienkodex (Codice Etico dei Media) zugrunde, den wir zu Beginn unserer Tätigkeit verfasst haben und der unsere journalistische Tätigkeit von Good News Agency prägt. Im ersten Paragraphen dieses Kodex finden sich sein Umfang und seine Zielsetzung. Ausgehend von der berufsethischen Verpflichtung hinsichtlich der Verantwortung gegenüber der Wahrheit argumentiert der Kodex wie folgt: „In einem demokratischen Umfeld, der dem Bürger-Wähler eine zunehmende Verantwortung zwecks Mitgestaltung der Orientierungen der gesellschaftlichen Entwicklung, der Gestaltung einer vollständig bewussten öffentlichen Meinung über die wichtigsten, weltweit eintretenden Ereignisse überträgt, ist der Schlüssel, um die Bemühungen der Menschheit in Richtung eines globalen Dorfs zu lenken, der der Einheit in der Vielfalt und der des Teilens. Denn diese sind die wesentlichen Tugenden zwecks Entwicklung eines verantwortungsbewussten und nachhaltigen sozialen Lebens.”
Der Grundsatz besteht somit in der Präsentation der Realität als Ganze. Auf diese Weise wird ein Gleichgewicht gegenüber den sensationellen Nachrichten hergestellt, die den Redakteuren zufolge die Möglichkeit bieten, Readership und Audience zu erhöhen. Aber die Sättigung der Öffentlichkeit gegenüber diesen dramatisch-sensationellen Nachrichten zeigt bereits, dass dem nicht so ist. Das merkt man gleich, wenn man Nachrichten bringt, in denen sich konstruktive Antworten auf die schmerzhaften Tragödien, mit der die Menschheit konfrontiert wird, finden.
Dieser Leitgedanke verfolgt dem Kodex zufolge das Ziel der Erlangung eines Gleichgewichts gegenüber der noch vorherrschenden Haltung, die die Qualität und das Gleichgewicht der Information auf dem Altar der Quantität und des direkten Profits opfert und so die ethischen Verantwortlichkeiten, die genau diese Tätigkeit implizit verleiht.
 
MR: Welche sind deine zukünftigen Ziele?
ST: Schlussendlich wünsche ich mir den Respekt vor der Realität, in der wir leben, um auf dieser Grundlage eine öffentliche Meinung zu gestalten, die rundum informiert und somit auch in der Lage ist, zielstrebige Entwicklungsentscheidungen zu treffen und sich um das Gemeinwohl zu bemühen. Dies bedeutet aber auch, die entsprechenden Opfer auf sich zu nehmen, die auf diese freie Wahl logisch zurückzuführen sind. Es handelt sich hierbei ohne Zweifel um einen Reifungsprozess des Bewusstseins. Es bedeutet das Überbordwerfen illusorischer Wahrnehmungen und Vorurteile, die durch die harmonische Information wirksam bekämpft werden können.  
Für diese Ziele ist die Vorbereitung der Jugendlichen sehr wichtig. In verschiedenen Unterrichtseinheiten als Vertreter der Universität für den Frieden in Italien (zwischen 1996 und 2001) und dann in verschiedenen Konferenzen in Gymnasien, habe ich festgestellt, dass die Jugendlichen nach Koordinaten suchen, um sich im Aufbau ihrer Zukunft zu orientieren. Ihr Verstand entdeckt gewandt neue Forschungsbereiche, die der Aufbau des Friedens vorschlägt und erforderlich macht. Ihr Bewusstsein reagiert engagiert auf die Verantwortung gegenüber der Herausforderungen, denen man sich stellen muss und die man überwinden muss.
In diesem Sinne hat Good News Agency seit 2008 in Italien neunzehn Schulwettbewerbe in Zusammenarbeit mit verschiedenen Distrikten und Rotary-Clubs über die UN-Entwicklungsziele des Jahrtausends durchgeführt. Das Engagement der Schüler von 150 Oberschulen und 600 teilnehmenden Klassen zeigt an, dass diese Initiative den Jugendlichen ermöglicht, hoffnungsvolle Antworten zwecks Aufbaus der Zukunft zu finden.