ProMosaik e.V. interviewt Herrn Simon Richter von der A.I.P.

Liebe Leserinnen und Leser,
 
wir freuen uns sehr, Ihnen das Interview mit Herrn Simon Richter von der A.I.P. (antiimperialistischen Plattform) zu präsentieren.
 
Wir von ProMosaik e.V. sind der festen Überzeugung, dass Kolonialismus und Imperialismus immer noch sehr präsent auf der Szene der Weltpolitik sind und man sich ihnen dringend sozio-politisch widersetzen sollte. Kolonialismus und Imperialismus sind aggressive Formen der Machtausübung eines Volkes, das sich als besser oder militärisch ausgerüsteter ansieht, gegen ein anderes, das ihm militärisch unterlegen ist.
 
Kolonialismus und Imperialismus sind somit Formen der Unterdrückung von Menschen durch Menschen.
 
Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften zum Interview von Herrn Richter, da wir der Meinung sind, dass seine Plattform eine sehr wichtige sozio-politische Funktion im Kampf gegen den Neoimperialismus ausübt, zu dem meines Erachtens auch der Zionismus mit seiner aggressiven Siedlungspolitik und seinen Völkermordabsichten gegen das palästinensische Volk gehört.
 
Wichtig ist für ProMosaik e.V. auch die Pädagogik des Antiimperialismus.
 
Des Weiteren ist es von wesentlichem Belang, den Antiimperialismus als den Ausdruck einer internationalen Alternative zur Gewalt des Neoimperialismus zu sehen, der nur die Waffenlobbys siegen lässt, wie wir bereits öfters hervorgehoben haben.
 
 
netanjahu und obama 
 
 
 
Dankend
 
Dr. phil. Milena Rampoldi
Redaktion von ProMosaik e.V.
 
 
1.- Was war der Anlass für die Gründung der Initiative A.I.P.?
 
Im Jahr 2011 erfolgte durch die NATO der Überfall auf Libyen – unter offensichtlicher Verletzung der Resolution des UN-Sicherheitsrates wurde das Land unter Zuhilfenahme von Unzufriedenen, kriminellen Banden und ausländischen Terroristen in Schutt und Asche gelegt. Bis heute beherrschen rivalisierende bewaffnete Gruppen das Land, wodurch Instabilität und Chaos an der Tagesordnung sind. Dies war der Grundstein für die Gründung der Antiimperialistischen Plattform Deutschlands.
 
In unserer Anfangszeit knüpften wir vorwiegend Kontakte zu libyschen und syrischen Sympathisanten und Freunden – wobei bereits vor unserer Gründung internationale Kontakte bestanden. So besaß beispielsweise unser Vorsitzender Michael Koth weit vor 1989 Kontakte zur Botschaft Nordkoreas. Dementsprechend hat die AiP ihre Traditionslinie unter anderem auch im Solidaritätskomitee der DDR unter Kurt Seibt. Zahlreiche Antiimperialisten mit unterschiedlichen Biografien fanden sich zusammen, auch, weil sie für sich in traditionellen „rechten“ oder „linken“ Zusammenhängen keine Möglichkeiten für eine antiimperialistische Politik fanden.
 
 
2.- Welche Hauptziele verfolgen Sie mit dieser Plattform?
 
Wir setzen uns aktiv für eine Verständnis- und Bündnispolitik antiimperialistischer Kräfte aus diversen Richtungen ein, dies betrifft sowohl politische Gruppierungen, einzelne Personen aber auch Vertreter bestehender Staaten. Die Welt ist bezüglich dieser Frage wieder in zwei Lager geteilt: Imperialistische Kräfte unter der Knute der USA und des Zionismus auf der einen Seite, der Widerstand und um Souveränität ringende Völker auf der anderen Seite. Diesen Widerstand zu organisieren, ihn zu entwickeln sowie Angriffe des Imperialismus auf allen Ebenen zurückzuweisen und eine feste Bande zwischen den bestehenden antiimperialistischen Faktoren zu schaffen – das ist unsere Aufgabe.
 
 
3.- Wie wichtig ist die internationale Vernetzung für Ihre Arbeit?
 
In Bezug auf unsere Arbeit nimmt die internationale Vernetzung den gleichen Stellenwert ein wie die nationale. Es gilt Gemeinsamkeiten zu suchen, diese zu erkennen und damit Möglichkeiten einer potentiellen Zusammenarbeit zu prüfen, die zum Erfolg unserer Arbeit, aber auch im gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus beitragen. Die Frontlinie des Imperialismus kennt keine geografischen Grenzen.
 
 
4.- Wie denken Sie kann politische Erziehung zum Kampf gegen den Imperialismus als System und als politisches Paradigma beitragen?
 
Der Kern der politischen Erziehung muss in der Vermittlung von Werten bzw. einer Werteskala liegen, die damit die wesentliche Grundlage für eine kämpferische Lebenshaltung bildet. Entscheidend für den Kampf gegen den Imperialismus als System ist die Analysefähigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse, die Imperialismen hervorbringen sowie die Schulung bezüglich der Entwicklung des Imperialismus und seinen Protagonisten.
 
 
5.- Die Darstellung Nordkoreas ist in den Medien der Marxisten und des Westens so unterschiedlich. Wo finden Sie hier hinter der Propaganda auf beiden Seiten die Wahrheit?
 
 
Unter den heutigen so genannten Marxisten ist keine einheitliche Bewertung Nordkoreas vorzufinden. Zu unterscheiden ist hierbei das innenpolitische Gesellschaftssystem sowie der außenpolitische antiimperialistische Charakter. Es gehört jedoch nicht zu unseren Aufgaben, eine Analyse und Bewertung der innenpolitischen Verhältnisse vorzunehmen. In erster Linie steht es den Nordkoreanern selbst zu, ihre staatliche Verfassung einzuordnen und zu bewerten. Wir orientieren uns bei der Bewertung des antiimperialistischen Charakters eines Staates an den harten Fakten – in der Überprüfung der Argumentationskette der Imperialisten zur Entstehung und zum Verhalten Nordkoreas ist die Verlogenheit jedoch bewiesen.
 
 
6.- Wie gehen Sie damit um, wenn sich hinter dem antiimperialistischen Kampf (auf außenpolitischer Ebene) ein diktatorisches Regime (auf der innenpolitischen Ebene) verbirgt?
 
In der westlichen Lesart stellt sich ein diktatorisches Regime als Regierung gegen den Mehrheitswillen eines Volkes dar, welches sich dabei grausamer Methoden bedient, um seine Herrschaft aufrecht zu erhalten. Wir unterstützen Regierungsformen, die sich offenbar gegen die Volksinteressen richten, ausdrücklich nicht. Die Begriffsbestimmung von Diktatur und Demokratie ist heute auf den Herrschaftsanspruch des Imperialismus zugeschnitten und impliziert ein Denken zur Bestimmung der politischen Feindbilder. Es ist ein typisches und aggressives Merkmal des Imperialismus, sich stets in die inneren Verhältnisse anderer Länder einzumischen, die einen eigenen Weg realisieren wollen. Daher lehnen wir es ab, diese westliche Begriffslogik anzuwenden. Die Überprüfung und Einordnung des Charakters gesellschaftlicher Systeme erfolgt innerhalb unserer Plattform nach eigenen Maßstäben.
 
Wir können nur eine antiimperialistische Orientierung geben, welche Regierungsformen es abzulehnen gilt und welche nicht. Ansonsten unterliegt diese Fragestellung zu vielen, vor allem auch geografischen und historisch bedingten Faktoren. Was sind die relevanten Interessen des Volkes? Handelt ein System überwiegend gemeinnützig oder ist es eigennützig auf seinen Vorteil bedacht? Viele Fragen können wir nicht beantworten und das ist auch nicht unsere Aufgabe. Zu viele Weltverbesserer suchen nach universellen Formeln für eine gerechtere, friedlichere Welt und stolpern damit regelmäßig über die selbst aufgestellten ideologischen Fallstricke. Wir suchen mit den Vertretern anderer Staaten nach gemeinsamen Punkten für eine Zusammenarbeit im antiimperialistischen Kampf, ohne Einmischung in deren innere Angelegenheiten.
 
 
7.- Gibt es Verbindungen zwischen dem antiimperialistischen Kampf und dem
Kampf der Religionen für die Verbesserung der Welt?
 
Die institutionalisierten Religionen fördern den antiimperialistischen Kampf aufgrund ihrer mangelnden Analysefähigkeit der gesellschaftlichen Machtverhältnisse unwesentlich. Zu sehr sind sie Teil des Hegemonieanspruchs verschiedener herrschender Dogmen geworden. Imperiale Kräfte nutzen seit Jahrzehnten die religiöse Diversität und die sich daraus ergebende Uneinigkeit für Stellvertreterkriege zur Durchsetzung ihrer Machtinteressen, ohne wirksamen Widerstand der religiösen Führer zu erfahren. Oft erleben wir so den Missbrauch der Religionen, der dazu führt, dass westliche Geheimdienste problemlos Spannungen, Konflikte und Terror schüren können. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der „Islamische Staat“, dessen Anführer Abu Bakr al-Baghdadi vor einem Jahr noch bei CNN mit John McCain als Bündnispartner bzw. Teil der „Freien Syrischen Armee“ zu sehen war. Ohne fundierte Reflexion erklärte der Rat der Deutschen Bischofskonferenz die Waffenlieferungen der BRD an kurdische Verbände für moralisch geboten. Das spirituelle Bedürfnis der Menschen kann dennoch dienlich für den Kampf gegen Aggressionen und imperiale Ideologien sein. Festgehalten sei am Ende, dass sich die Religionszugehörigkeit einzelner Personen oder politischer Gruppen im antiimperialistischen Kampf gegenseitig selbstverständlich nicht ausschließen.
 
 
8.- Wie verflochten sind die derzeitigen Konflikte in Gaza und der Ukraine?
 
Das Putschregime in Kiew hegt eine enge personelle und politische Verflechtung mit dem Raubstaat Israel. Diese Verbindungen sind mittlerweile ausgiebig im Internet dokumentiert. Israels Ausrottungspolitik gegen die Palästinenser lässt sich durchaus mit der Situation in der Ukraine vergleichen – trifft der Vernichtungswille hier vor allem die russischstämmige Volksgruppe, die den illegalen westlich finanzierten Putsch nicht anerkennen will. Sowohl in Palästina als auch in der Ukraine ist diese Politik Ausdruck verlogener Doppelmoral sowie mörderischer Menschen- und Völkerverachtung mit dem vordergründigen Ziel, das Naturrecht auf Selbstbestimmung sich herausbildendender souveräner Nationalstaaten zu unterlaufen und deren weitere Entwicklung zu behindern. Es zeigt sich aber auch: Europa ist kein sicherer Hafen. Die politischen Denkzirkel und Dunkelmänner des Imperiums zögern nicht, auch hier innerhalb kürzester Zeit Schlachtfelder mit Zehntausenden Toten zu produzieren, sobald es ihren globalen Machtgelüsten dienlich scheint.
 
 
9.- Wer denken Sie verbirgt sich hinter IS im Irak und warum?
 
Im Wesentlichen verbirgt sich hinter dem „Islamistischen Staat“ eine Ansammlung gescheiterter internationaler Terroristen, die sich in Syrien an den Assad-Streitkräften die Zähne ausgebissen haben. Wie bereits erwähnt war vor etwas mehr als einem Jahr der IS-Chef Bündnispartner der USA und diverser anderer Imperialisten im Kampf gegen Präsident Assad. Die fragile politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation im Irak – von den US-Imperialisten verursacht – bot den IS-Terroristen einen idealen Nährboden.
 
 
10.- Welche Ziele hat ihre Organisation seit ihrer Gründung bereits erreicht und welche setzt sie sich für die nahe Zukunft?
 
In unserer bisherigen Arbeit ist es uns gelungen, außenpolitische Beziehungen zu Nordkorea, Belarus, Venezuela und Syrien aufzubauen. Des Weiteren konnten wir Kontakte nach Libyen, Russland, zu Freunden in Litauen und in der Tschechischen Republik knüpfen – in Tschechien mit dem Ergebnis des Aufbaus von AiP-Strukturen vor Ort.
 
Durch den regen politischen Austausch in den diplomatischen Vertretungen ist auch auf Initiative der AiP das Venezuela-Symposium zur Entwicklung des Sozialismus im 21. Jahrhundert entstanden. Unabhängige ranghohe Köpfe aus der Wirtschaft der ehemaligen DDR referierten über Fehler, Irrtümer und Erfolge des vergangenen Sozialismusversuchs und diskutierten ihre Analysen anschließend mit allen Teilnehmern.
 
Die nahe Zukunft stellt vor allem die Frage nach der organisatorischen Weiterentwicklung der AiP als auch die nähere Standortbestimmung des deutschen Antiimperialismus auf den Plan. Einige andere Aktionen sind zudem in Vorbereitung, die noch nicht veröffentlicht werden können.
 
 
11.- Wie sehen Sie den Staat Israel in der geopolitischen Konstellation des antiimperialistischen Kampfes?
 
 
Die geopolitische Lage Israels steht in Wechselwirkung zwischen seinen Finanzressourcen, der militärischen Ausrüstung sowie der innenpolitischen Situation. Netanjahu erweist sich als Erfüllungsgehilfe der Ultra-Orthodoxen in seiner Vernichtungspolitik gegenüber dem palästinensischen Volk. Die Entscheidung um das Schicksal Israels steht und fällt mit der Unterstützung durch andere Imperialisten. Weiter besteht die Möglichkeit einer Destabilisierung durch innere Unruhen, vor allem durch Veränderung der ethnischen Verhältnisse und einer damit schwindenden Basis für das zionistische Regime. Wirksamen Gegendruck zur Entschärfung der israelischen Aggressionen kann aber auch eine breit aufgestellte Bündnispolitik zwischen den arabischen Staaten bewerkstelligen. Diese politische Aufgabe ist eine ungemein große und bedarf der Solidarität und Unterstützung von Antiimperialisten in aller Welt.
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