ProMosaik e.V. im Gespräch mit dem Journalisten Joachim Umbach

von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Gestern haben wir verschiedene Menschenportraits aus Äthiopien veröffentlicht. Sie stammten von Joachim Umbach, von dem wir heute auch noch Portraits und Bilder aus Brasilien vorstellen werden. Entwicklungshilfe bedeutet Selbsthilfe für Menschen. So sehen wir das. Und daher stehen die kleinen Menschen und ihres Portraits für mich persönlich im Zentrum des Kampfs um die Gerechtigkeit und die Menschenrechte. Daher freue ich mich heute ganz besonders, Ihnen auch unser Interview mit dem Journalisten Joachim Umbach vorzustellen. Er war über zehn Jahre Chefredakteur der in Ravensburg erscheinenden Schwäbischen Zeitung, deren Leser Menschen für Menschen und deren Projekte immer großzügig unterstützt haben. In seiner Amtszeit wurden insgesamt fast drei Millionen Euro gesammelt. Auch heute begleitet Joachim Umbach die Aktivitäten von Menschen für Menschen immer noch journalistisch. Unser Interview mit Herrn Renner von Menschen für Menschen finden Sie hier zum Nachlesen. 
 
 
Milena Rampoldi: Welche sind die wichtigsten Lehren, die Sie aus Äthiopien nach Hause genommen haben?

Joachim Umbach: Mich hat besonders beeindruckt, wie erfolgreich das Förderkonzept von Menschen für Menschen ist. Es ist möglich, den Ärmsten der Armen eine Perspektive zu geben. Natürlich findet das alles auf bescheidenem Niveau statt. Aber selbst das bewirkt, dass die Menschen gar nicht erst auf die Idee kommen, woanders ihr Glück zu suchen. Im Gegenteil: Es gibt viele Äthiopier, die schon wieder zurückgekommen sind – zum Beispiel aus Saudi-Arabien. Diesen Weg, die Menschen durch Aus- und Weiterbildung zum selbständigen Handeln zu motivieren, muss man weitergehen.
 
 
 
MR: Ein Grund zu bleiben als Grundsatz einer Entwicklungshilfe, die die Flüchtlingsströme aufhalten kann. Wie sehen Sie das? Was stimmt Sie optimistisch, was nicht?
 
 
JU: Mit dem Konzept von Menschen für Menschen kann man natürlich nur Flüchtlinge aufhalten, die aus wirtschaftlicher Not aufbrechen wollen. Wenn, wie in Syrien, Krieg herrscht oder, wie in einigen afrikanischen Ländern, diktatorische Systeme die Menschen unterdrücken, ist das etwas anderes. Da kann man mit Förderkonzepten, die in der Region, also im Kleinen wirken, wenig ausrichten. Auch in Äthiopien könnte die Situation problematisch werden. Die dortige Militärdiktatur schränkt die Freiheitsrechte deutlich ein – zum Beispiel bei den Medien. Man muss abwarten, wie sich das Land entwickelt. Menschen für Menschen-Gründer Karlheinz Böhm hat sich zu Lebzeiten nie von politischen Strömungen beeinflussen lassen. Für ihn stand immer nur der Dienst am Menschen im Vordergrund.
 
 
MR: Warum ist es so wichtig, Portraits von Menschen zu präsentieren, wenn man über Menschenrechte und Entwicklungshilfe schreibt?
 
JU: Ob die Menschenrechte geachtet werden oder ob Entwicklungshilfe wirklich ankommt, können nur die Menschen selbst beantworten. Und deshalb ist es immer wichtig, die Betroffenen selbst anzusprechen und zu Wort kommen zu lassen. Das ist viel authentischer als irgendeine offizielle politisch geprägte Verlautbarung.
 
MR: Wie wichtig sind engagierte Filmproduktionen für Äthiopien? Erzählen Sie uns von Filmen, die Ihnen am Herzen liegen.
 
 
JU: Die äthiopische Filmproduktion ist auch für mich Neuland gewesen. Die Begegnungen mit der Schauspielerin Sayat Demissie und der Filmemacherin Terhas Berhe haben mir einen ersten Einblick gegeben. Mich hat vor allem das Engagement der Künstlerinnen beeindruckt. Und ihr Bemühen, einen eigenen äthiopischen Blickwinkel zu entwickeln, der die Lebensrealitäten in diesem Land berücksichtigt.
 
MR: Kleine Leute sind die, die für ProMosaik e.V. die Welt ändern. Was sehen Sie auf dem Horizont der Zukunft Äthiopiens?
 
JU: Äthiopien hat sich in den letzten Jahren wirtschaftlich ganz erfreulich entwickelt. Die Militärdiktatur hat – auch wenn man sie in vielen Bereichen kritisch sehen muss – für Stabilität gesorgt. Und das in einer Region, wo rundherum (Sudan, Eritrea, Somalia oder Nord-Kenia) der Krieg oder Terror tobt. Da muss man die Entwicklung abwarten. Von den kleinen Leuten ist in Äthiopien noch nie eine Eskalation ausgegangen. Bestes Beispiel ist, dass sich in vielen Regionen des Landes die Menschen unterschiedlichster Religion bestens verstehen. Auch hier gilt: Hoffentlich bleibt das so.
 
MR: Wie wichtig ist Bildung für die Zukunft Äthiopien und warum?
 
JU: Bildung war und ist in Äthiopien das entscheidende Thema. In den Regionen, wo Menschen für Menschen aktiv war und ist, wird das ganz deutlich. Aber auch in ganz Äthiopien, da auch der Staat diese Notwendigkeit erkannt hat. Nach Schulen und Universitäten braucht es jetzt vor allem handwerkliche Ausbildungsstätten. Den Jugendlichen, die jetzt eine Grundschule besucht haben, muss eine Perspektive für die Zeit nach dem Abschluss geboten werden. 

 

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