LeoDreams – Traum und Inspiration, Empathie und Leichtigkeit als Aspekte eines alternativen Journalismus

Von Milena Rampoldi, ProMosaik. Anbei mal ein alternatives Interview mit Leo Link von Leo Dreams, der uns von sich selbst Folgendes sagt: „Leo, Baujahr 1990, Traumfänger, Guerillakämpfer in der Schlacht gegen die Monotonie, Abenteurer auf Mission „Weltreise“, Filmliebhaber, meisterloser Akademiker mit Perspektive, Freund der vegetarischen Küche, Wortkünstler, einer von diesen Menschen, die von der unendlichen Vielfalt des Planeten Erde einfach nicht genug bekommen.“ Im Moment hält er sich in Brasilien auf und schreibt und fotografiert. Leo zeigt uns auf, wie wichtig der subjektive Traum-Kampf das Leben bestimmen kann, und so auch die Fotografie und das Schreiben. Die Ungerechtigkeit der Welt ist auf fehlende Empathie und Distanz zurückzuführen. Ob das Schreiben noch revolutionär sein kann…. 
 
 Milena Rampoldi: Wie kam es zu LeoDreams? 
Leo Link: Eines Abends saß ich an meinem Schreibtisch und ich fragte mich: „Was will ich eigentlich, was ist mein Traum, wofür brenne ich?“ Nüchtern betrachtet stehen uns ja alle Türen offen, wenn wir denn nur den Mut haben entschlossen einen neuen steinigen Weg zugehen. Ich war in diesen Lebensphase unzufrieden mit meinem Studium, fühle mich „stuck“ und da wurde mir klar: Ich will mich nach dem Studium auf eine große, lange Reise begeben. Da mich die Frage „Was ist mein Traum?“ ziemlich erschüttert hat, so wuchs mein Interesse an den Träumen anderer Menschen.
Ich bin schon länger davon überzeugt, dass unsere Gesellschaften momentan etwas verloren vor sich hinvegetiert. Materielles dominiert das Denken. Akkumulation über Akkumulation. Und dadurch haben die Menschen das Träumen verlernt. Zack, da kam in die Idee in mein Hirn geschossen: Ich verbinde einfach meinen Traum mit den Träumen anderer Menschen, die ich auf meiner Reise treffe. Ich reise herum und fange die Träume anderer Menschen ein. Träume wirken sehr inspirierend, für denjenigen der sie ausspricht und auch für alle anderen die ihn zu hören bekommen.
 
Was bedeutet für dich Fotografieren? 
Fotografieren. Ehrlich gesagt war ich immer eher der Filmmensch. Das Fotografieren ist insofern spannend, dass ich versuche die Träumer so zu fotografieren dass die Atmosphäre des Fotos ihren Traum (mit-)widerspiegelt.
 
Wie können wir durch Schreiben die Ungerechtigkeit dieser Welt aufzeigen?
Mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob das „Schreiben“ ein effizientes Mittel dafür ist, Ungerechtigkeit in dieser Welt aufzuzeigen. Die Menschen wissen ja, dass täglich viel Leid passiert, aber durch die Distanz fühlen sich die meisten Menschen nicht betroffen.
In der Vergangenheit hat sich ja immer mehr bewahrheitet, dass Menschen versuchen in ihrem Milieu ihre Meinungen zu festigen. Wenn ich denke, dass die Erde rund ist, suche ich Menschen die glauben, dass die Erde rund ist. Wenn ich aber denke, dass die Welt eine Scheibe ist, suche ich Menschen, die meiner Meinung sind. Der Otto-Normal-Internetuser besucht durchschnittlich nur drei(!) Websites am Tag. In Anbetracht der Hülle und Fülle diversester Artikel, Kommentaren etc., kommt das einem Schlag ins Gesicht gleich.
Stichworte: Distanz und fehlende Empathie. Die Distanz ist die eine Sache, die fehlende Empathie die andere. Ungerechtigkeit entsteht immer da, wo Menschen egoistisch handeln und kein Verständnis für andere Interessen haben. Ein Beispiel: Vor ein paar Tagen erzählte mir hier in Brasilien eine Freundin, dass sie in einer Boutique gearbeitet hat und nur den Mindestlohn (880 Reais sind in etwa 250Euro) bekam. Und das bei einem Wochenumsatz von 60k Reais. Da kann man nur noch den Kopf schütteln.
Eine harte Ungerechtigkeit. Das sieht jeder. Was sind die Gründe? Gier, fehlende Empathie, Ignoranz. Ich weiß nicht, ob Schreiben da noch eine Alternative ist. Da kannst Du dir deine Finger wund schreiben. Nutzt alles nichts. Die Ausgebeuteten wissen doch schon längst, dass sie die Gelackmeierten sind.
Meine Einschätzung: In nächster Zeit wird dann in vielen Ländern dieser Welt wieder vermehrt auf Banner geschrieben – und auf der Straße gekämpft.
Auch wenn Schreiberlinge in der Vergangenheit Revolutionen erst möglich gemacht haben wie z.B. es bei der französischen Revolution 1789 der Fall war… Aber heute funktioniert das nicht mehr. Wir haben eine individualisierte Gesellschaft, keine Vision, keine Ziele, keine Träume, nur „Krise“ und ganz, ganz viele Schreiberlinge bei Facebook, die ihren Unmut und Hass artikulieren. Das führt eher dazu, dass die Gesellschaft sich weiter spaltet als dass sie zusammenwächst. An dieser Stelle würde ich gerne Mr. Huxley zitieren.
„We live together, we act on, and react to, one another; but always and in all circumstances we are by ourselves. The martyrs go hand in hand into the arena; they are crucified alone. Embraced, the lovers desperately try to fuse their insulated ecstasies into a single self-transcendence; in vain. By its very nature every embodied spirit is doomed to suffer and enjoy in solitude„ (aus „Doors of Perception“)
Was ich damit sagen will: Texte, Artikel sind nie etwas transzendierendes für die Gesellschaft. Jedes Wort hat für jeden eine andere Konnotation.
Meine Prämisse ist folgende: Die Menschheit muss begreifen, dass jedes Glied die gleichen Rechte besitzen sollte und das zerstörerisches Ego muss sterben. Erst dann, wenn alle Menschen begreifen, dass sie im Kern eins sind, dann ist da plötzlich Empathie reichlich da – die Gier stirbt und Ungerechtigkeiten werden dann im Hintergrund verblassen.
Mit dieser Meinung deplatziere ich gewissermaßen auch mein Projekt merke ich gerade. Aber bei meinem Projekt liegt der Fokus ja auf dem Inspirations-Potenzial. Diese Frage nach dem Traum kann etwas transzendierendes zur Folge haben. Ich will ja keinen überzeugen und schreie „hier, der Traum ist der beste, lasst uns alle diesen Traum leben“. Nein, mich interessiert das Individuum und da spielt es keine Rolle, in welchem Milieu sich der Träumer aufhält.
 
 
Flickr. Contrastes von Hugo Magalhaes   
 
Was kann man von den Ärmsten der Armen in Brasilien lernen?
Eine etwas zynische Frage. Einerseits sind jene Profiteure des Systems für die Armut der Ärmsten mitverantwortlich und jetzt sollen wir noch was von ihnen lernen? Aber ja, wir können viel von ihnen lernen. Ein paar Erkenntnisse, die ich während meiner Zeit in einer Favela machte: Wenn man wenig hat, kann man auch nur wenig verlieren. Man macht sich keine Sorgen um seinen Besitz. Oder wie Tyler Durden in Fight Club sagt: „It’s only when we lost everything that we’re free to do anything.“ Auch hier, blanker Zynismus: Diese Erkenntnis mache ich an einem Ort, wo die Menschen eben genau nicht diese Möglichkeit zum Minimalismus haben.
Also, was kann man konkret lernen? Weniger besitzen macht den Kopf frei, mehr Musik produzieren macht glücklicher und Fußballtore müssen kein Netz haben, um reichlich Spaß zu haben.
 
Wie wichtig sind Alternative Medien in deutscher Sprache fürs Umdenken und Deutschland?
Nachdem ich das über die Sprache vorhin gesagt habe, disqualifiziere ich mich ja für diese Frage…. Ich halte es für wichtig, dass die Menschen ihren Geist mit verschiedenen Informationsquellen füttern. Und nicht eben nur drei Websites am Tag. Spiegel Online, Zeit.de & tagesschau.de
So kommen wir nicht weiter. Wer die Gesellschaft verstehen und verändern will, dem sei geraten auch linksextreme, rechtsextreme, AfD-nahe, kommunistischen Seiten, Verschwörungstheoretische Seite etc. zu besuchen.
 
Würde und Diversität – das sind meine Zauberworte, wenn ich schreibe. Welche sind deine und warum?
Leichtigkeit! Mit der Leichtigkeit fällt eben falls – literally – leichter. Alles ist leichter. Es ist leichter, empathisch zu sein, zu Lieben, zu Schenken, das Leben zu genießen. Die Frage ist nur wie man sich diese „Leichtigkeit“ erarbeiten kann. „Viele Wege führen nach Rom“. Jeder muss sich den Weg selbst bahnen.
Respekt/Toleranz, weil Grundvoraussetzung für alles großartige, was in unserer Gesellschaft errungen wurde. Danke für das Interview! Wer Interesse hat kann gerne meine Website besuchen: www.LeoDreams.com und mich via www.Patreon.com/LeoDreams  unterstützen! 

 

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