Iwan Schauwecker von Solidar Suisse: Wir müssen faire Arbeitsbedingungen global durchsetzen
von Milena Rampoldi, ProMosaik. Anbei mein Interview mit Iwan Schauwecker von Solidar Suisse. Wir haben uns über die Zielsetzungen und Leitgedanken dieser historischen Menschenrechts- und Hilfsorganisation der Schweiz unterhalten. Ein Schwerpunkt von Solidar Suisse sind die gerechten Arbeitsbedingungen. Solidar Suisse zeigt uns auch, wie wir uns für die faire Arbeit einsetzen können, indem wir auf unseren Konsum achten und bewusst kaufen.
Welche sind die Hauptzielsetzungen von Solidar Suisse?
Solidar Suisse setzt sich für eine sozial, politisch und ökonomisch gerechte Gesellschaft ein. Wir engagieren uns für weltweit faire Arbeitsbedingungen, für demokratische Mitbestimmung und für die Einhaltung von Menschenrechten. Bei Katastrophen leisten wir zudem humanitäre Hilfe. Mit Kampagnen sensibilisiert Solidar Suisse die Schweizer Bevölkerung für die globalen Zusammenhänge zwischen Armut, fairer Arbeit und Konsumverhalten.
Wie erklären wir den Menschen heute, dass Solidarität und Wachstum keine Gegensätze sind und dass sich auch faire Arbeit und Wohlstand nicht widersprechen?
Faire Arbeit und die damit einhergehende gerechte Verteilung von Ressourcen und Gütern ist die Grundvoraussetzung für Wohlstand. Wenn wir für die Produktionsprozesse unserer Konsumgüter keine nachhaltigen Strategien entwickeln und faire Arbeitsbedingungen global durchsetzen, wird ein Grossteil der globalen Bevölkerung in Armut leben müssen. Dies wiederum erhöht die Risiken für Gewalt und Krieg und gefährdet mittelfristig auch den Wohlstand in Europa.
In welchen Ländern sind Sie tätig und welche sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Solidar Suisse ist in 14 Ländern in Asien, Afrika und Lateinamerika tätig. Die Schwerpunkte von Solidar Suisse sind faire Arbeit, Demokratie & Partizipation und humanitäre Hilfe für Opfer von Naturkatastrophen oder Kriegen.
Schule in Burkina Faso |
Was bedeutet für Sie der Einsatz für eine solidarische Gesellschaft in der Schweiz?
Wir wollen der Schweizer Bevölkerung zeigen, welche Auswirkungen unser politisches und wirtschaftliches Handeln auf globaler Ebene hat und wie ArbeiterInnen in diesem System ausgebeutet werden. Solidar Suisse zeigt Wege auf, wie diese Ausbeutung gestoppt werden kann: Sei es bei der WM-Kampagne (die Fifa hat ihren Sitz in der Schweiz), bei Detailhändlern (Faire Produktion von Konsumgütern wie Pfannen oder Spielzeugen) oder beim Beschaffungswesen der Gemeinden (Gemeinderating).
Welche sind die wichtigsten historischen Etappen von Solidar?
Solidar Suisse wurde 1936 unter dem Namen Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB und der Sozialdemokratischen Partei Schweiz (SPS) gegründet. Das Ziel war, ArbeiterInnen zu unterstützen, die von der Grossen Depression 1929 betroffen waren. Zudem wurde im spanischen Bürgerkrieg humanitäre Hilfe geleistet. Neben dieser reichen Geschichte, kann Solidar Suisse auch auf vielseitige Hilfeleistungen und Erfolge in der jüngeren Vergangenheit zurückblicken.
In der Schweiz war das SAH nach dem Krieg in der Flüchtlingshilfe aktiv. Mit dem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit in den 1990er Jahren übernahm das SAH eine Pionierrolle bei der Entwicklung von Erwerbslosen-Programmen. Im Ausland engagierte sich das Schweizerische Arbeiterhilfswerk seit 1949 – als eines der ersten Schweizer Hilfswerke – in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe. So wurden die algerischen Flüchtlinge in Marokko (1957) unterstützt, ein Handwerkszentrum in Senegal gegründet (1967) oder den Opfern des dritten indisch-pakistanischen Krieges geholfen (1971), um nur einige Beispiele zu erwähnen.
Vom SAH zu Solidar Suisse
2005 wurde das SAH organisatorisch aufgeteilt: In zehn eigenständige SAH-Regionalvereine, die in der Schweiz mit Erwerbslosen-Programmen aktiv sind, und die ehemalige SAH-Auslandabteilung, die als unabhängige Organisation die Auslandarbeit weiterführte. Bis 2011 geschah dies noch unter dem alten Namen „Schweizerisches Arbeiterhilfswerk“. 2011 wurde die Organisation umbenannt zu „Solidar Suisse“. Der Name ist Programm: Solidar setzt sich für Solidarität ein, für faire Arbeitsbedingungen und soziale Gerechtigkeit. Zudem fördert Solidar Suisse die demokratische Beteiligung und leistet Not- und Wiederaufbauhilfe nach Katastrophen in benachteiligten Regionen.
Erfolge von Solidar Suisse
Welche Ziele verfolgen Sie in der nahen Zukunft?
Wir werden weiterhin genau beobachten was auf den WM-Baustellen in Russland und Qatar passiert und dafür kämpfen, dass ArbeiterInnen nicht ausgebeutet werden. Dieses Ziel verfolgen wir auch mit unseren Kampagnen für die faire Produktion von Konsumgütern in chinesischen Fabriken. In unseren Auslandprojekten werden wir uns für faire Arbeitsbedingungen, bessere Perspektiven für die Bevölkerung und demokratischere Prozesse einsetzen. Und wir werden uns in verschiedenen Ländern wie zum Beispiel dem Libanon um die Opfer von humanitären Katastrophen kümmern.
http://promosaik.blogspot.it/2016/06/iwan-schauwecker-von-solidar-suisse-wir.html