Barbara Wessel von Plan: Finanzierung nachhaltiger Selbsthilfeprojekte
von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Ein wichtiges Interview mit der Pressereferentin von Plan, Barbara Wessel, der ich herzlichst für ihre Zeit danken möchte. Plan bemüht sich weltweit in zahlreichen Entwicklungsländern, vor allem durch Patenschaften, um die Verbesserung des Lebens zahlreicher Menschen. Am Ende des Interviews finden Sie Fotos von Plan aus verschiedenen Ländern, in denen die Organisation tätig ist. Barbara Wessel hat uns die Ziele ihrer Organisation beschrieben und uns Konstanten und Unterschiede aufgezeigt, die es in den verschiedenen Entwicklungsländern gibt. Ein Schwerpunkt von Plan ist der Kampf für die Mädchen und Frauen, gegen Gewalt und Unterdrückung.
Milena Rampoldi: Welche sind die Hauptziele von Plan?
Barbara Wessel: Unser Hauptziel ist es, die Lebensbedingungen von benachteiligten Kindern in Entwicklungsländern dauerhaft zu verbessern. Um das zu erreichen, engagieren wir uns durch ganzheitliche Programme in den Bereichen Bildung und Ausbildung, Gesundheit, Wasser, Hygiene und Umwelt, Kinderschutz, Einkommenssicherung, Katastrophenvorsorge und humanitäre Hilfe sowie sexuelle Gesundheit und Schutz vor HIV.
Darüber hinaus wollen wir Kindern und Jugendlichen in ihrer Heimat Gehör verschaffen und sie in die Lage versetzen, sich für ihre Belange und Rechte einzusetzen. Die Entwicklung ihrer Gemeinden soll sich an den Kindern orientieren. Mädchen und Jungen werden von uns daher in die Programmentwicklung eingebunden, damit sie ihre Ideen und Vorschläge einbringen können. Diesen Ansatz nennen wir kindorientierte Gemeindeentwicklung.
MR: Warum ist die Arbeit mit Mädchen in den Entwicklungsländern so wichtig?
BW: Wir fördern Mädchen, damit sie die gleiche Chancen haben wie Jungen. Der Weg dahin ist noch weit: Weltweit gehen 62 Millionen Mädchen nicht zur Schule. Medizinisch versorgt werden vorrangig die Söhne, kaum die Töchter. Täglich sterben weltweit tausende Mädchen an Vernachlässigung, Mangelernährung, vermeidbaren Krankheiten und den Folgen von Gewalt. Dazu gehören auch grausame Traditionen wie die weibliche Genitalverstümmelung. Von einer Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sind viele Länder noch weit entfernt.
Grundsätzlich helfen wir von Plan allen Kindern in Not, gleich ob Mädchen oder Junge. Weil es die meisten Mädchen in Entwicklungsländern noch schwerer haben, machen wir mit der weltweiten Kampagne „Because I am a Girl“ auf ihre Situation aufmerksam und setzen uns dafür ein, dass sie ihre Rechte wahrnehmen können. Dabei haben wir vor allem ihre Bildung im Fokus: Mädchen sollen mindestens neun Jahre zur Schule gehen oder eine vergleichbare Ausbildung abschließen können.
MR: Welche Ziele erreicht man mit den Patenschaften?
BW: Über die Patenschaften finanziert Plan International nachhaltige Selbsthilfeprojekte in 51 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas, bei denen die Kinder im Mittelpunkt stehen. Plan leistet jedoch keine Zahlungen an einzelne Kinder oder Familien, sondern fördert die Entwicklung der Gemeinden durch ganzheitliche Programme. Die regelmäßigen Zuwendungen der Paten sind eine zuverlässige finanzielle Basis für unsere Arbeit. Sie helfen uns, Entwicklungsprogramme langfristig zu planen und umzusetzen. Von dieser Unterstützung profitieren alle Menschen in den Gemeinden der Patenkinder. Das schafft Vertrauen und stärkt die Gemeinschaft.
Neben der wirtschaftlichen Hilfe bieten Patenschaften die Möglichkeit, eine Verbindung zwischen verschiedenen Kulturen zu schaffen. Der Austausch von Briefen zeigt dem Patenkind, seiner Familie und Gemeinde, dass sich die Paten für ihr Leben interessieren. Und mit dem persönlichen Kontakt zum Patenkind wird die Hilfe, die Plan International leistet, auch für Patinnen und Paten sichtbar.
MR: Welche Gemeinsamkeiten finden sich in allen Ländern, in denen sie Kinder unterstützen?
BW: Die Kinder stehen in allen 51 Programmländern, in denen Plan arbeitet, im Mittelpunkt. Wir versetzen Familien und Gemeinden in die Lage, ihre Grundversorgung selbst sicherzustellen. Dabei achten wir in allen Ländern darauf, die Menschen in den Projektgebieten einzubinden. Die Gemeindemitglieder nehmen aktiv an der Planung und Durchführung unserer Projekte teil. Das fördert ihre Selbstständigkeit und sichert den langfristigen Erfolg der Projektarbeit.
Auch ist Plan International eine der wenigen Kinderhilfsorganisationen weltweit, die Kinder und Jugendlichen aktiv an den Projekten beteiligt. Gemeinsam mit den Mädchen und Jungen arbeiten wir in allen unseren Programmländern daran, ihre Position in den Gemeinden zu stärken, damit sie sich besser Gehör für ihre Belange verschaffen können. Dazu gehören auch Schulungen und Kampagnen, beispielsweise für mehr Hygiene im Dorf, für eine bessere Katastrophenvorsorge oder für eine gewaltfreie Erziehung.
MR: Wie kann mit den Frauen gearbeitet werden? Welche Hauptprobleme gehen Sie in der Arbeit mit Frauen an?
BW: Bereits im Kindesalter werden viele Frauen benachteiligt, indem ihnen der Besuch einer Schule verwehrt bleibt. Diese Benachteiligung verursacht langfristig hohe Kosten – nicht nur für die Mädchen und Frauen in Entwicklungsländern, sondern auch für ihre Gesellschaften und damit für die globale Wirtschaft. Dabei zeigen Studien, dass jedes Jahr, das Mädchen länger zur Schule gehen, ihr späteres Einkommen durchschnittlich um 10 bis 20 Prozent erhöht. Mit der Möglichkeit, für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen zu können, werden Frauen das, was sie verdienen, in ihre Kinder investieren – in ihre Gesundheit, ihre Bildung und ihre Zukunft. Wenn wir sicherstellen, dass Mädchen von Geburt an die gleichen Chancen wie Jungen erhalten, dann helfen wir ihnen und ihren Familien, den Kreislauf der Armut zu durchbrechen.
Dazu gehört auch die Beseitigung aller Formen von Gewalt gegen Mädchen und Frauen: Früh- und Zwangsheiraten ebenso wie die weibliche Genitalverstümmelung. Unser Ziel ist es, Mädchen und junge Frauen in die Lage zu versetzen, für sich einstehen zu können. Wenn sie gesund aufwachsen und ihre Potenziale nutzen, ist das nicht nur gerecht. Es ist auch erfolgversprechender als jede andere Investition, die in einem Entwicklungsland getätigt wird. Denn gute Bildung ermöglicht jungen Frauen nicht nur ein Einkommen. Mit den erworbenen Kenntnissen können sie sich auch besser gegen Menschenrechtsverletzungen zur Wehr setzen.
MR: Erzählen Sie uns von Projekten in Westafrika, indem Sie unseren Leserinnen und Leser erklären, welche Besonderheiten es hier im Gegensatz zu anderen Ländern gibt.
BW: Die Herausforderungen, vor denen die Menschen und unsere Mitarbeiter in den Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Lateinamerika stehen, sind ähnlich. Ein besonders beispielhaftes Projekt, das in Westafrika Schule gemacht hat, möchten wir hier erwähnen: Vor zwanzig Jahren hat Plan in Westafrika erstmals Kinder- und Jugend-Medienprojekte ins Leben gerufen. Dieses Pilotprojekt ermöglichte den Mädchen und Jungen vor Ort mit möglichst vielen Menschen in den entlegenen Dörfern in Kontakt zu treten und sich Gehör zu verschaffen. Dies funktionierte in Westafrika besonders gut über das Produzieren von Rundfunkbeiträgen. Die Mädchen und Jungen erhielten vorab ein Training von Medienprofis und wurden ermutigt, Probleme zu benennen und an einer Lösung mitzuwirken, beispielsweise zu den Themen Gewalt in der Familie, Verhütung oder Schutz vor Aids. So ist Aufklärung ein entscheidender Schritt, etwa um vor einer Ansteckung durch Aids zu schützen. In selbst gestalteten Radio- und Fernsehprogrammen informieren sich die jungen Menschen über Familienplanung, Verhütung – und die Gefahren von HIV/Aids.
Die Beiträge der Jugendlichen sind wirkungsvolle Mittel, um Gleichaltrige und Erwachsene für die Belange und Probleme von Kindern und ihren Familien zu sensibilisieren. Seitdem sind über 200 Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika mit Kindern und Jugendlichen realisiert worden, an denen insgesamt über 350.000 Kinder und Jugendliche teilgenommen haben. Aufgeklärt wird über Radiosendungen, aber auch über Foto- und Videoprojekte, Zeitungen, Theateraufführungen und über das Internet.
Auch bei der Bekämpfung von Ebola spielte die Aufklärung über die verschiedenen Kommunikationswege für Plans Mitarbeiter vor Ort eine wichtige Rolle. Die Menschen in Sierra Leone, Guinea und Liberia wussten zu wenig über die Krankheit und die Ansteckungswege. Um die die Bevölkerung vor einer Infektion zu schützen, unterstützten wir die Gesundheitsbehörden in den drei Ländern auf lokaler Ebene, organisierten Desinfektionsmaßnahmen und führten Aufklärungskampagnen durch. Mit Radiosendungen, TV-Spots, Postern und Handzetteln versuchten unsere Mitarbeiter so viele Menschen wie möglich zu erreichen, auch in den entferntesten Gemeinden. Handwaschstationen in Schulen sowie auf öffentlichen Plätzen wurden installiert. Darüber hinaus schulte Plan Gesundheitshelferinnen und -helfer.
Guatemala Plan James Stone
Guinea Plan
Ecuador Plan Erik Thallaugh
Indien Plan Andhra Pradesh
Indien Plan Fauzan Ijazah
Kenia Plan
Philippinen Plan Warisara Sornpet
Sudan Plan Adam Hinton