Mohamed Nabil: Dokumentare für Frauenrechte und Dialog
Liebe Leserinnen und Leser,
Anbei finden Sie unser Interview mit dem Journalisten und Filmmacher Mohamed Nabil.
Weitere Informationen zu seiner Person und zu seinen Werken finden Sie hier:
Wir haben Herrn Nabil über die Bedeutung der Filme gesprochen, um Menschen im Bereich der Menschenrechte zu sensibilisieren.
Wichtig sind ProMosaik e.V. vor allem die Frauenrechte. Hierzu finde ich den Beitrag der Dokumentare von Herrn Nabil sehr wichtig.
Ein anderes Thema, das wir bereits öfters angesprochen haben, bezieht sich auf die Beziehungen zwischen Juden und Muslimen jenseits des Zionismus.
Zu diesem Thema hatten wir bereits ein Interview mit dem Arzt Jean Levy vorgestellt, auf das dann auch die Präsentation des einzigen jüdischen Museums der arabischen Welt in Canablanca folgte.
Wichtig zu diesem zweiten Hauptthema, über das wir Herrn Nabil befragt haben, ist auch unser letztes Projekt in Zusammenarbeit mit Prof. Yakov M Rabkin der Universität Montreal.
Wir danken Herrn Nabil herzlichst für seine Zeit und seine so wichtigen Antworten.
Möchte ihm nun das Wort übergeben und danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit.
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi von ProMosaik e.V.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie wichtig sind Filme zwecks Unterstützung der Frauenrechte in den muslimischen Gesellschaften heute?
Mohamed Nabil: Kino ist eine Ausdruckskunst mit der man verschiedene Botschaften vermitteln kann. Die Botschaft durch die Kunst ist wichtiger als die durch andere Bereiche. Die Frauenrechte in den muslimischen Gesellschaften brauchen eine Beteiligung durch die Kunst und Stellungnahmen der Künstler. Diese Stellungnahmen auf inhaltlicher, ästhetischer und künstlerischer Ebene können zum Wandel in den muslimischen Gesellschaften beitragen. Das Kino ist auch eine Art von Bildung und Geschmacksformation. Das finde ich sehr wichtig, um die Menschen für die Frauenrechte zu sensibilisieren. Ich will noch unterstreichen, dass diese Arbeit sowohl Männer als auch Frauen betrifft.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Berichten Sie bitte unseren Leserinnen und Lesern über Ihren Film „Juwelen der Trauer“ von 2013.
Mohamed Nabil: In diesem Dokumentarfilm geht es um das Schicksal der sogenannten ledigen Mütter in Marokko. Jedes Jahr bekommen viele unverheiratete, meist junge Frauen ein Kind und leiden anschließend oft ihr ganzes Leben lang unter der Ächtung durch die Gesellschaft, die Familie und die Institutionen. Schätzungen reden von über 30.000 solcher lediger Mütter, die nicht über die gleichen Rechte wie Verheiratete verfügen. Trotz verschiedener Reformen im Familienrecht, die Marokko in den letzten Jahren eingeführt hat, ist dieses Thema immer noch sehr aktuell. Die Situation hat sich kaum verändert, zumal legale Abtreibungen in Marokko nach wie vor praktisch unmöglich sind. Der Film wurde auf BBC World ausgestrahlt und hat in Marokko eine Debatte ausgelöst, denn es kommt auch die Prostitution zur Sprache, die für viele ledige Mütter die einzige Möglichkeit zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts darstellt.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Welche Hauptziele verfolgen Sie mit dem Film „Stille Zeiten“?
Mohamed Nabil: Dieser Dokumentarfilm soll ein weiblicher Bericht über Frauengefängnisse in Marokko werden. Durch verschiedene Geschichten aus dem Gefängnis und von ehemaligen Inhaftierten wird die Situation der Gefängnisse für Frauen in Marokko gezeigt, die trotz staatlicher Bemühungen kritisch bleibt. Der Film ist Teil meiner Arbeit über die Darstellung der weiblichen Visionen zu aktuellen Themen.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie wichtig ist die interreligiöse Kommunikation mit den Juden heute in der islamischen Welt?
Mohamed Nabil: Ich betrachte die Religion als Kultur und Zivilisation und auch als eine Lebensart. Als Marokkaner mit einer multiplen Identität ist das Judentum für mich eine große Zivilisation, die die Geschichte Marokkos über 2000 Jahre lang geprägt und die marokkanische Persönlichkeit und Kultur gestärkt hat. In diesem Zusammenhang ist die interreligiöse Kommunikation mit der islamischen Welt, zu der natürlich auch Marokko gehört, dringend notwendig. Dabei darf man nicht vergessen, dass Judentum und Islam eng miteinander verwandt sind und viel gemeinsam haben.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Worum wird es im neuen Film „Die große Reise“ gehen?
Mohamed Nabil: Dieser Film wendet sich an junge Marokkaner, um ihnen die Geschichte der jüdischen Kultur in Marokko nahe zu bringen. Es ist eine kulturelle Reise im marokkanischem Dialekt Derija, auf der wir eine jüdisch-marokkanische Regisseurin auf den Spuren ihrer Religion in Marokko begleiten. Diese Frau wird den jungen Leuten verschiedene Fenster in die Vergangenheit öffnen, die heute fast vergessen sind und auch die aktuelle Situation beschreiben. Der Film will einen Beitrag zur Wahrung des kulturellen Erbes des Judentums in Marokko leisten. Momentan bin ich noch in der Phase der Vorproduktion, zusammen mit dem jüdisch-marokkanischen Arzt Jean Levy und der Forscherin Sophie Wagenhofer. Zur Realisierung des Projekts werden noch Fördermittel benötigt und wir suchen daher Unterstützung für diese wichtige Arbeit.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Was haben Sie mit Ihren wertvollen Arbeiten schon erreicht und was wünschen Sie sich für gesellschaftliche Veränderungen in der Zukunft?
Mohamed Nabil: Für mich ist es wichtig, eine Debatte über Themen anzustoßen, die Frauen in Marokko betreffen. Dahingehend führe ich meine Arbeit auf gleiche Art und Weise weiter. Ich wünsche mir, dass sich die Wahrnehmung von Frauen in Marokko und anderen Ländern, u.a. auch in Europa, soweit verändert, dass es eine menschliche Sicht ohne Diskriminierung wird. Ich bin mir bewusst, dass der Weg noch weit ist.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Warum ist es so wichtig, dass solche Themen in die westlichen Medien kommen?
Mohamed Nabil: Mit der modernen Technologie und den digitalen Medien ist die Welt sehr klein geworden. Es ist wichtig, dass solche Themen in die Medien kommen, weil sie zur interkulturellen Kommunikation und zum besseren Verständnis der sich verändernden Gesellschaften beitragen. Das Thema Frauen in den arabischen Ländern muss in den Medien präsent sein, damit sich die Situation der Frauen in diesen Ländern ändern kann. Das ist eine humanitäre Angelegenheit, darum brauchen wir eine Unterstützung von arabischen Frauen durch Deutschland und andere Länder, und die Kunst kann dazu einen großen Beitrag leisten.
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