Geht die Schere zwischen Arm und reich weiter auseinander?

                   

 

Laut der neusten Studie der DIW Berlin, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, bleibt die Vermögensungleichheit in Deutschland weiterhin bestehen. Deutschland kann sich somit einmal mehr als Lokomotive in Europa bezeichnen, allerdings scheint es diesmal in die falsche Richtung zu gehen. Die DIW kommt zu dem Schluss, dass in keinem anderen europäischen Land die Vermögen so ungleich verteilt sind wie in Deutschland.

 

Rund 28% der Deutschen verfügen entweder über gar kein oder aber über ein negatives Vermögen.

 

Der Gini-Koeffizient beschreibt die Verteilung von Vermögen und Einkommen in einem Land. Hierbei können Werte von 0 bis 1 erreicht werden. Ein Wert von 0 beschreibt eine vollkommende Gleichverteilung, wohingegen der Wert 1 die Situation beschreiben würde, dass einer alles hat und der Andere gar nichts.

 

Deutschland steht mit einem derzeitigen Wert 0,78 derzeit im Vergleich zu anderen europäischen Staaten nicht so gut da, auch wenn die Ungleichheit in den vergangenen 10 Jahren etwa auf einem gleichen Niveau verharrt.

 

Die Studie zeigt, dass private Haushalte in Deutschland über ein Nettovermögen von 6,3 Billionen Euro verfügen, was etwa 83.000 Euro pro Erwachsenen entspricht.

Ebenfalls lässt sich bestätigen, dass der Osten zwar aufholt, aber im Vergleich zum Westen immer noch über deutlich weniger Vermögen verfügt.

 

Das Nettovermögen betrug 2012 in Westdeutschland ca. 94.000 Euro und war etwa doppelt so hoch wie in Ostdeutschland. Noch deutlicher wird es, wenn man das Durchschnittsvermögen betrachtet, das bei Westdeutschen ca. 21.000 Euro und bei Ostdeutschen ca. 8.000 Euro beträgt. Hierbei lässt sich vor allem bemerken, dass Selbständige deutlich besser gestellt sind als Angestellte.

 

Während die Vermögen in den meisten Gruppen in den letzten 10 Jahren etwa gleich geblieben sind, kann man bei der Gruppe der Arbeitslosen feststellen, dass hier ein deutlicher Abbau des Vermögens zu verzeichnen ist. Wahrscheinlich ist hierfür auch die Hartz IV Gesetzgebung verantwortlich, die erst dann einen Anspruch rechtfertigt, wenn der Antragssteller bis auf ein geschütztes Schonvermögen alles verbraucht hat. Die Arbeitslosen sind auch, was die eigene Altersvorsorge betrifft, stark im Hintertreffen, da sie privat in der Regel keine Möglichkeit haben, für das Alter vorzusorgen. Dies lässt wiederrum befürchten, dass dies zu einer späteren Altersarmut führen wird, die durch die Grundsicherung nur wenig behoben werden kann.

 

Einer der Hauptgründe für die Vermögensungleichheit ist das Nettoeinkommen. Je höher das Nettoeinkommen, desto höher auch das Vermögen. Dies hängt mitunter damit zusammen, dass höhere Nettoeinkommen weitaus mehr Möglichkeiten zur Vermögensbildung besitzen: angefangen vom einfachen Sparen bis hin zur eigenen Immobilie, die in den letzten Jahren als maßgeblich für das Vermögen vieler Deutschen gilt. Geringere Nettoeinkommen haben diese Optionen in der Regel nicht, da am Ende des Monats nicht mehr viel übrig bleibt, um noch zu investieren. Demnach besteht auch keine große Möglichkeit Rücklagen zu bilden.

 

ungleiche verteilung reichtum deutschland

 

Ein möglicher Grund, warum viele Haushalte mit einem geringeren Nettoeinkommen auskommen müssen, liegt laut den neusten Erkenntnissen nicht unbedingt an den mangelnden Qualifikationen, die dazu führen könnten, dass viele schlechter bezahlt werden als andere. Mittlerweile lässt sich auf dem Arbeitsmarkt der deutliche Trend zu Zeit- und Leiharbeit vermerken. Wenn man sich alleine die Stellenmärkte oder Onlinejobbörsen anguckt, dann muss man sich doch eingestehen, dass die Firmen, die noch selbständig nach Arbeitskräften suchen, eher zu den Ausnahmen gehören. Immer mehr Firmen decken nicht nur ihren kurzfristigen Bedarf durch Zeitarbeit & Co. ab, sondern verwenden diese Option auch gänzlich dafür, um auf eigene Rekrutierungen zu verzichten.

 

Somit sind viele Menschen dazu gezwungen, auf Zeitarbeit zurückzugreifen, die in den meisten Fällen durch Tarifverträge geregelt ist und immer noch deutlich schlechter bezahlt wird, so dass unterm Strich nicht wirklich viel übrig bleibt, was zur Erhöhung des eigenen Vermögens beitragen könnte. Das Einkommen reicht für die meisten Deutschen gerade noch aus, um über die Runden zu kommen.

 

Auch bei der geschlechterspezifischen Betrachtung von Frauen und Männern kommt man zu der Erkenntnis, dass Frauen im Schnitt 27.000 weniger auf der hohen Kante liegen haben als Männer. Sexisten würden jetzt vielleicht gerne die Behauptung aufstellen wollen, dass Frauen weniger gut mit Geld umgehen können als Männer, aber der wahrscheinlichere Grund ist wohl auch eher bei der Lohnverteilung zu suchen. Männer werden in vielen Berufen immer noch besser bezahlt als Frauen, obwohl die Arbeitsleistung gleich ist. Hinzu kommt, dass Hausfrauen in den seltensten Fällen einen Lohn für ihre Arbeit erhalten, was die Waage auch noch mal zu Gunsten der Männer sinken lässt.

 

Abschließend lässt sich also sagen, dass die Schere zwar nicht weiter auseinanderklafft, aber auch nicht wirklich weiter zusammen kam. Die Vermögensverteilung ist in etwa gleich geblieben, zeigt aber immer noch besorgniserregende Tendenzen, insbesondere hinsichtlich der Situation der Arbeitslosen und des Niedriglohnsektors. Fraglich bleibt, ob die Einführung weiterer Mindestlöhne dazu beitragen würde, das Ungleichgewicht etwas in Richtung Gleichheit zu verbessern oder ob es, wie viele Experten mahnen, eher dazu führen würde, dass weniger Arbeitsplätze zur Verfügung stehen als ohne einen Mindestlohn. Eins lässt sich definitiv sagen: Deutschland, das im europäischen Raum als Garant für ein glänzendes Beschäftigungsverhältnis gilt, zeigt deutliche Flecken auf seiner Medaille, wenn es um die ungleiche Verteilung des Vermögens geht.

 

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Dr. phil. Milena Rampoldi

Redaktion von ProMosaik e.V.

 

 

 

 

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