ProMosaik e.V. interviewt Humanrights.ch
Liebe Leserinnen und Leser,
in diesen besinnlichen Weihnachtstagen finden wir es vor allem wichtig, eines der Hauptziele des Vereins ProMosaik e.V. in Erinnerung zu rufen: der alltägliche Einsatz für die Menschenrechte in unseren Gesellschaften und weltweit.
ProMosaik e.V. ist der Meinung, dass Menschenrechte nicht ein Geschenk, sondern eine Errungenschaft und eine dauernde Herausforderung darstellen. So sieht auch Herr David Mühlemann von humanrights.ch die Sache. Daher freuen wir uns ganz besonders, dass sich Herr Mühlemann die Zeit genommen hat, die Fragen unserer Redaktion zu beantworten.
Wir freuen uns sehr auf Ihre Kommentare.
Sie können uns gerne eine E-Mail an info@promosaik.com senden.
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi von ProMosaik e.V.
ProMosaik e.V.: Welche Hauptziele verfolgen Sie mit Humanrights.ch und warum?
Herr David Mühlemann:
Die Informationsplattform humanrights.ch ist ein Projekt des Vereins Humanrights.ch/MERS. Dieser setzt sich seit 1999 für die Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte in der Schweiz ein.
Die Aktivitäten des Vereins Humanrights.ch beinhalten hauptsächlich Information, Sensibilisierung und Bildung. Zudem koordiniert und erstellt der Verein Berichte und Stellungnahmen, welche es den staatlichen Behörden, der Zivilgesellschaft und internationalen Organisationen erleichtern, die Menschenrechtslage in der Schweiz zu evaluieren. Hauptziel ist die Verbesserung des Menschenrechtsbewusstseins in der Schweiz.
ProMosaik e.V.: Wie wichtig ist Öffentlichkeitsarbeit für die Verankerung der Menschenrechte in der Gesellschaft?
Herr David Mühlemann:
Häufig werden menschenrechtliche Themen in den Medien verdrängt oder unsachlich dargestellt. In einer breiten Öffentlichkeit herrscht die Meinung vor, Menschenrechte seien vor allem für Ausländer/innen, Kriminelle und andere unliebsame Minderheiten da. Die Bedeutung der Menschenrechte als Errungenschaft der Moderne und zentraler Pfeiler unseres demokratischen Rechtsstaates ist in unserer Gesellschaft hingegen wenig verankert.
Um die Bevölkerung für die Bedeutung von Menschenrechten zu sensibilisieren, ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit zentral: Wie können die Menschenrechte in der Schweiz positiv besetzt werden? Wie lassen sich komplexe Sachverhalte vereinfachen? Welche «Geschichten» braucht es für die Medienarbeit, damit die Menschenrechtsanliegen von den Medien aufgenommen werden? Dies sind zentrale Fragen, mit denen sich Menschenrechtsakteure auseinandersetzen sollten.
Ein gutes Beispiel für eingängige Öffentlichkeitsarbeit ist die gross angelegte Kampagne „Schutzfaktor M – Menschenrechte schützen“ des Vereins „Dialog EMRK“ zur Stärkung des Rufs der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Schweiz: www.schutzfaktor-m.ch
ProMosaik e.V.: Warum ist die Arbeit zu Gunsten der Menschenrechte im Westen heute so wichtig?
Herr David Mühlemann:
Menschenrechte sind ein hohes Gut, aber alles anderes als gesichert. Gerade in Krisenzeiten sind Menschenrechte besonders gefährdet. Im Westen werden verletzliche Gruppen wie religiöse Minderheiten oder von Armut betroffene Menschen zu Sündenböcken erklärt und für innerstaatliche Krisen oder negative Effekte der Globalisierung verantwortlich gemacht. Im Namen der Sicherheit werden Menschenrechte ab- und die staatliche Überwachung sowie die Strafverfolgungskompetenzen der Behörden ausgebaut. Gerade weil Menschenrechte immer aufs Neue eingefordert werden müssen, sind Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung eine permanente Aufgabe.
Quelle: focus.de
ProMosaik e.V.: Welche Ziele verfolgen Sie mit der Erstellung von Schattenberichten?
Herr David Mühlemann:
Die Schattenberichte dienen dazu, den zuständigen UNO-Menschenrechtsgremien die zivilgesellschaftliche Sichtweise zu den Problemen bei der Umsetzung der menschenrechtlichen Verpflichtungen in der Schweiz aufzuzeigen. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag, um die Menschenrechtslage in der Schweiz unvoreingenommen zu überprüfen.
ProMosaik e.V.: Wie wichtig ist heute die Diskussion über Menschenrechte in Verbindung mit Multikulturalität und warum?
Herr David Mühlemann:
Menschenrechte dienen dazu, prinzipiengeleitete Lösungen für die Beilegung soziokultureller Konflikte bereitzustellen (z.B. zur Frage, inwiefern eingewanderte Menschen sich an die Sitten und Bräuche des Aufnahmestaates anpassen sollten und wie weit sie in der Ausübung ihrer Traditionen und Religionen geschützt werden müssen). Menschenrechte helfen, die Ausgrenzung von Minderheiten zu verhindern und tragen als ethischer Minimalkonsens zur Herstellung jenes Mindestmasses an innerem Zusammenhalt von Staat und Gesamtgesellschaft bei, welches für ihr langfristiges Überleben notwendig ist.
ProMosaik e.V.: Für ProMosaik e.V. ist Religion ein Menschenrecht. Wie kann man durch den Diskurs über die Menschenrechte die religiösen Minderheiten in Europa heute schützen?
Herr David Mühlemann:
Die Religionsfreiheit ist bekanntlich eines der historisch am frühesten eingeforderte und in den neu gegründeten USA durchgesetzte Menschenrecht. Sie gehört zu den Pfeilern des Menschenrechtskanons. Auch die kollektive Dimension der gemeinsamen Ausübung der Religion ist menschenrechtlich unbestritten geschützt. Die Frage ist deshalb falsch gestellt: Es gibt derzeit wohl keinen mächtigeren Diskurs zum Schutz religiöser Minderheiten, selbst wenn man berücksichtigt, dass die Religionsfreiheit wie alle Freiheitsrechte nicht absolut gilt, sondern zugunsten der Rechte von Dritten oder des Gemeinwohls unter Umständen auf massvolle Weise eingeschränkt werden darf.
ProMosaik e.V.: Wie wichtig ist die Vernetzung in der internationalen Arbeit für die Menschenrechte und warum?
Herr David Mühlemann:
Die Menschenrechte beanspruchen universale Geltung und sind tatsächlich in Form internationaler Konventionen praktisch weltweit in den nationalen Rechtssystemen mehr oder weniger verankert. Diese internationale Verankerung bedingt auch eine internationale Vernetzung bei der Durchsetzung der Menschenrechte. Denn oft sind die Aktivisten/-innen, die sich für die Menschenrechte engagieren, gerade dort am verletzlichsten, wo die Menschenrechte systematisch missachtet werden. Deshalb bedürfen die Menschenrechtsverteidiger/innen in prekären Ländersituationen einer starken internationalen Solidarität.
!! ProMosaik e.V. dankt Humanrights.ch !!
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