ProMosaik interviewt Herrn Rude von der Akademie Kinder Philosophieren

Liebe Leserinnen und Leser,
 
heute möchten wir Ihnen auch noch einen Beitrag zum Thema Philosophieren und seiner Bedeutung für die Kinder vorstellen. Die Redaktion von ProMosaik e.V. hat hierzu Herrn Christophe Rude von der „Akademie Kinder Philosophieren“ interviewt. 
 
 
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Wir sind der Überzeugung, dass Philosophieren ausschlaggebend für die Entwicklung eines Kindes ist und dazu beitragen kann, sich der Welt zu öffnen und diese auch als multikulturell und multireligiös wahrzunehmen. Philosophie verbinden wir mit einer bunten Welt, voller Unterschiede und voller Fragen. Philosophie hat auch sehr stark mit Neugierde zu tun. Denn wir leben in einer Welt voller Fragen, die oft falsch gestellt werden, bevor sie überhaupt falsch beantwortet werden.

Philosophieren lernen fördert die Toleranz, die Demokratie und auch die Werte, die wir als unentbehrlich ansehen, um die gesellschaftliche Entwicklung im Sinne des Humanismus und des Friedens voranzutreiben.

 
Und vor allem lernen Kinder durch das Philosophieren, Empathie zu üben, sich in Andere hineinzuversetzen, verschiedene Standpunkte zu betrachten und auch zuzuhören, was Andere zu sagen haben. All diese Fähigkeiten und Kompetenzen sind für ProMosaik e.V. auch ein wesentlicher Bestandteil einer multikulturellen und multireligiösen Erziehung im Sinne der Menschenrechte, der Gleichberechtigung und des Friedens.
 
Ich möchte nun Herrn Rude das Wort geben.
 
Wie immer freue ich mich auf Ihre Kommentare an info@promosaik.com
 
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi von ProMosaik e.V.
 
 
 
1.- Was bedeutet für Sie Philosophieren als Kulturtechnik?
 
Wir beschreiben das Philosophieren aus mehreren Gründen als Kulturtechnik. Zunächst ist es eine Technik, die von jedem gelernt und genutzt werden kann, wie das Schreiben. Am Begriff der Kulturtechnik wird aber auch deutlich, dass man das Philosophieren einüben muss. Man lernt durch regelmäßiges Philosophieren die Perspektive anderer einzunehmen, gut zuzuhören und die eigenen Gedanken verständlich zu formulieren, zu erläutern, zu begründen und zu hinterfragen. Es geht um einen offenen und wertschätzenden Austausch mit Anderen. Wie andere Kulturtechniken auch hilft das Philosophieren dabei, Probleme zu bewältigen, nicht nur in der Theorie, auch im praktischen Leben, und zwar, indem es uns Orientierung in existenziellen Fragen ermöglicht. Was ist mir wichtig? Wie will ich mein Leben gestalten? Wer bin ich?
Diese philosophischen Fragen sind wichtig für Entscheidungen, die wir treffen, für unser Engagement in der Gesellschaft und unser Verhältnis zu anderen Menschen. Antworten auf sie zu finden ist nicht leicht und jeder muss seine eigenen Antworten finden. Das moderierte Philosophische Gespräch bietet für diese Prozesse einen Rahmen, spezifische Fragestellungen und die Möglichkeit des tiefgehenden Austauschs mit Anderen.
 
 
 
2.- Wie wichtig ist das Einführen der Kinder in die Welt der Philosophie und warum?
 
Kinder profitieren vom Philosophieren in vielerlei Hinsicht und es macht ihnen Spaß, die Welt auf diese Weise – voller Fragen und Neugierde – zu betrachten. Wichtig ist für viele Kinder die Erfahrung, dass ihre eigenen Fragen und Gedanken ernst genommen werden – ohne sie zu bewerten. Unser Ziel ist es also nicht, die Kinder in die Welt der Philosophie einzuführen, wenn Sie damit die Geschichte der Philosophie oder die universitäre Philosophie meinen. Die Fragen, die man beim Philosophieren behandelt, entstammen der Lebenswelt der Kinder. Daher sind es neben den klassischen philosophischen Themen oft auch drängende, existenzielle Fragen.
 
 
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3.- Welche gesellschaftlichen Ziele kann man mit Hilfe der philosophischen Pädagogik erreichen?
 
Im Philosophieren, so wie wir es verstehen, lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das einzustehen, was ihnen wichtig ist und bewusste und selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Zugleich geht es darum, Andere in ihrer Perspektive ernst zu nehmen und ihnen wertschätzend zu begegnen. Die wertschätzende Grundhaltung schließt dabei die Kritik an einer Meinung oder Begründung nicht aus. Philosophieren fördert so Kompetenzen und Werthaltungen, die in einer Demokratie von großer Bedeutung sind.
 
 
 
4.- Wie kann das Philosophieren unsere Kinder von KLEIN AUF zur Toleranz und zum kreativen Denken erziehen?
 
Wer nach Antworten auf philosophische Fragen sucht, ist oft auf die Gedanken anderer angewiesen und möchte daher die Perspektiven und Argumentationen seiner Gesprächspartner verstehen. Wenn man nicht versteht, was der oder die andere meint, fragt man nach. Man wird also nicht dazu angehalten, tolerant zu sein, sondern ist es aus eigenem Antrieb: man übt die Haltung der Toleranz quasi nebenher ein. Ähnlich ist es auch mit anderen Werthaltungen.
Die Frage nach dem kreativen Denken ist eine ganz zentrale für das Philosophieren. Denn mit viele Fragen, Problemen und Dilemmata, setzen wir uns beim Philosophieren zum ersten Mal so ausführlich oder so explizit auseinander. Wir sprechen Gedanken aus, die wir so noch nie gedacht haben und formulieren Standpunkte in einer auch für uns selbst oftmals ganz neuen Klarheit.
 
 
 
5.- Wie wichtig sind Impulsfragen und warum?
 
Impulsfragen sind ein zentrales Instrument der Gesprächsführung in philosophischen Gesprächen. Es gibt hier allerdings mehrere unterschiedliche Fragetypen, die je nach Gruppe und Gesprächssituation oder Gesprächsphase Anwendung finden. Man fragt z.B. nach Begründungen, nach Beispielen, nach Zusammenhängen, gibt einen neuen thematischen Aspekt ins Gespräch, fasst verschiedene Gesprächsbeiträge zusammen oder greift einzelne Aspekte heraus. Orientierung gibt hierbei immer die philosophische Frage, die am Anfang des Gesprächs steht.
Entscheidend hierbei ist, dass man als Gesprächsleitung idealerweise immer in der Situation, im Moment, entscheidet ob oder welchen Impuls man gibt, oft formuliert man ihn ganz spontan – eine Liste mit vorformulierten Impulsen in einer festen Reihenfolge gibt es nicht, die würde verhindern, dass sich das Gespräch so entwickeln kann, wie die Kinder es gestalten. Die Gesprächsleitung hat nicht die Aufgabe, ein Gespräch inhaltlich zu führen und zu lenken, sondern die „natürliche“ Entwicklung eines Gesprächs zu unterstützen. Denn am Ende soll nicht DIE eine Antwort stehen, sondern möglichst viele Gesprächsteilnehmer sollen „Ihre“ Antwort auf die Ausgangsfrage finden können.
 
 
 
6.- Bitte beschreiben Sie unseren Leserinnen und Lesern Ihr Projekt zur Werteerziehung „HörensWert“?
 
Das Projekt „HörensWert“ haben wir in Kooperation mit der Stiftung Zuhören entwickelt und durchgeführt. Ziel des Projekts ist es, philosophische Wertebildung und Zuhörförderung für Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter zu verbinden. Auf spielerische Weise setzen sich die Kinder mit Werten auseinander, die in ihrem Leben eine Rolle spielen, wie etwa Mut, Freundschaft, oder Toleranz. Die Werte werden in philosophischen Gesprächen erschlossen und in selbst produzierten Hörspielen bzw. im Umgang mit Klängen und Geräuschen erfahrbar gemacht. Auf diese Weise verbindet HörensWert die Elemente Zuhören, Philosophieren und Handeln miteinander. Aus dem Projekt sind Unterrichtsmaterialien („Ganz Ohr für das was zählt“, erschienen im Herder Verlag) und ein Fortbildungsmodul hervorgegangen, in denen dieser Ansatz Pädagoginnen und Pädagogen vermittelt wird, sodass sie selbst mit ihren Kindergarten- oder Schulkindern ein kleines „HörensWert“ Projekt durchführen können. 
 
 
 
7.- Welche neuen Herausforderungen sehen Sie im Jahre 2015 im Rahmen Ihrer Arbeit?
 
In den letzten Jahren haben wir sehr stark daran gearbeitet, möglichst viele Pädagogen in der Philosophischen Gesprächsführung auszubilden und so indirekt möglichst vielen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, in ihrem Schul- und Kindergartenalltag zu philosophieren. Ein großer Erfolg war es, dass das Philosophieren im vergangenen Jahr in den neuen Grundschullehrplan (Fachprofil Ethik) aufgenommen wurde.
Darauf möchten wir jetzt aufbauen und den Lehrkräften auf unseren neuen Website Materialien, Informationen und Handreichungen anzubieten, die ihnen die praktische Umsetzung erleichtern. Außerdem haben wir mit den Eltern eine neue Zielgruppe im Visier, die wir gern mit Themen aus dem Wertebereich ansprechen möchten, insbesondere in den Themenfeldern Erziehung und Integration.
Auch unseren Bereich der philosophischen Berufsorientierung möchten wir weiter ausbauen und verstärkt auch Mittel- und Förderschulen erreichen.
 
Weitere Infos finden Sie auf der Seite der Akademie:
 

 

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